604 Handwörterbuch der Chemie,
Nach KiRCHHOFF nimmt, wenn 2 die Spannkraft der Lósung, 6 dagegen die Summe der
Spannkráfte der beiden in einander gelósten Substanzen bedeutet, Te mit der Temperatur zu
?
oder ab, je nachdem bei der Mischung eine Temperaturerhóhung oder Erniedrigung eintritt.
Dieser Satz gilt zunüchst nur für Salzlósungen und solche Gemische, bei denen der Dampf
allein aus der einen Flüssigkeit besteht und hat sich dort bewährt, er bestätigt sich nicht mehr
für Gemische, deren Dampf beide Bestandtheile enthält.
Bei den Gemischen von Wasser und Alkohol, sowie in vielen anderen Fällen, so bei
Gemischen von Schwefeláther und Alkohol, Schwefelüther und Schwefelkohlenstoff bleibt p. nahe-
zu constant, aber nicht ganz. Dagegen wüchst p. stark bei den Mischungen aus Wasser und Säuren.
In der That findet ja auch die letzte Mischung mit starken Wármetónungen statt. Kleine Würme-
tónungen treten übrigens bei jedem Mischen auf.
Aus dem Gang der Spannkraftscurven von Gemischen lassen sich die bei der Destillation
auftretenden Erscheinungen in folgender Weise nach KoNowaALow ableiten.
Wir nehmen in beliebigem Verhiltniss in einander lósliche Flüssigkeiten, dann ist die Spann-
kraft eine Funktion des Mischungsverhältnisses. Ist eine solche Mischung in einem durch einen
Stempel verschlossenen Gefäss enthalten, so ist zum Gleichgewicht nóthig:
l, Der auf dem Stempel ruhende äussere Druck ist gleich dem Druck der gesättigten
Dämpfe.
2. Vergrössert (verkleinert) man das Dampfvolumen, so darf der Druck der Dämpfe nicht
grösser (kleiner) werden.
1. Die Dampfspannungscurve steigt, es ist ds/dp > 0, s ist die Spannkraft, # der Procent-
gehalt an der Substanz 4. Der Dampfraum ist zunächst unendlich klein, Wird er grösser, so
muss s Z s', also p=}!' werden. Sind A und B die gegebenen Mengen der Flüssigkeiten im
Gemisch, so muss
A]B > A']B'
sein, wenn 4' und B8' die Flüssigkeitsmengen nach der Vergrösserung des Volumens bedeuten,
sind @ und 6 die Mengen Flüssigkeit in Dampfform, so muss
A/B S(4—a)|(B—6) sein oder A'|B' Zab.
2. Ist Zs| d5 «0, so ist A'/B'Sa[6.
Geht ds [dp durch 0 also von > 0 zu < 0 oder von >0 zu < 0, so muss an der Stelle,
wo es Null ist,
ATA, zal
sein.
Eine Mischung, der ein Maximum oder Minimum der Spannkraft entspricht, hat also bei der
betreffenden Temperatur dieselbe Zusammensetzung wie ihr Dampf.
Die Flüssigkeitsgemische theilen sich in Bezug auf ihr Verhalten bei der Destillation in
drei Gruppen. /
l. Gemische, deren Spannkraftscurve kein Maximum und kein Minimum hat. Bei ihnen
braucht kein Mischungsverháltniss zu existiren, dessen Zusammensetzung identisch mit der eines
Dampfes ist; wir kennen auch bisher kein solches. Dann ändert sich aber stetig beim Ver-
dampfen die Zusammensetzung und bei constanter Temperatur die Spannkraft, sowie bei constantem
äusserem Druck die Siedetemperatur.
Von ‚welchem ‚Gemisch man auch ausgehen mag, stets geht bei wiederholter Destillation
die Flüssigkeit von höherer Spannung rein über, während die von geringerer rein zurückbleibt.
2. Gemische, deren Spannkraftscurve ein Maximum besitzt. Bei constanter Temperatur
bleibt eine Flüssigkeit zurück, deren Spannkraft und Zusammensetzung sich von der des Maxi-
mums entfernt, die des Dampfes liegt näher an demselben.
Bei constantem Drucke bei der Destillation entfernt sich der Rückstand von der Zusammen-
setzung, die der minimalen Siedetemperatur zugehórt, das erste Destillat náhert sich ihr. Destil-
lirt man das erste Destillat wiederholt, so erhalt man endlich ein Destillat von minimaler Siede-
temperatur, das constant siedet. Destillirt man das Gemisch weiter, so erhült man einen Rück-
stand, der nur noch die eine der beiden Flüssigkeiten enthält und zwar diejenige, zwischen
welcher und dem dem Maximum der Spannung entsprechendem Gemisch das ursprüngliche lag.
ry
1 ra.