Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 8. Band)

284 Handwórterbuch der Chemie. 
Andere Oele sind beständiger und das Rohmaterial zu ihrer Gewinnung 
wird daher im lufttrocknen Zustande von allen Erdtheilen, besonders aus den 
üáquatorialen Gegenden, den grossen Fabriken der Continente zugeführt, welche 
sich die Gewinnung átherischer Oele zur Aufgabe machen. 
Im Folgenden beschreiben wir in Kürze die verschiedenenen Gewinnungsmethoden und 
bemerken zunüchst, dass das Rohmaterial, gleichviel nach welcher Methode man das Oel ge- 
winnen will, eine Vorbereitung erfahren muss, welche in einer mechanischen Zer- 
kleinerung besteht. Das Pflanzengewebe wird zerrissen, damit dem Wasserdampf bei der 
Destillation, oder dem Extractionsmittel eine um so grössere Oberfläche dargeboten werde. Zu- 
weilen bezweckt die mechanische Vorbehandlung auch die Entfernung und Gewinnung werth- 
voller Nebenbestandtheile. wie z. B. bei der Darstellung des Bittermandelöls den angewandten 
Pfirsichen und Mandelkernen das fette Oel vor der Gährung und Destillation durch Pressen 
entzogen wird. Samen und Körner werden zwischen horizontal liegenden Walzen zerquetscht. 
[Nähere Beschreibung und Abbildung der Mühle vergl. bei MUSPRATT (2)]. Holzige Stengel, 
Stiele, wie die der Gewürznelken, werden auf der Bochardus-Mühle gemahlen. Holz 
wird zu Spähnen geraspelt. Es dient dazu ein mit geriffelten Messern besetzter Stahlconus, der 
in rasche Umdrehung versetzt wird, 300 Touren p. Minute, und dabei das leise dagegen ge- 
drückte Holz in feine gekräuselte Spähne zerschneidet. Kräuter, Wurzeln und dergl. werden 
in Häckselladen zerschnitten, bei denen die Vorwärtsschiebung so zu reguliren ist, dass die 
Zerkleinerung willkürlich weit getrieben werden kann. Fettes Oel enthaltende Samen, 
wie bittere Mandeln, Senfsamen werden nach dem Zerquetschen in der hydraulischen Presse, 
stets ohne erwärmt zu sein, gepresst. Die verbleibenden Presskuchen werden auf Kollergängen 
zerkleinert und auf Schüttelsieben gesiebt. 
1l. Die Destillation bildet die gebrüuchlichste Gewinnungs- 
methode. Sie beruht auf der Flüchtigkeit der meisten ätherischen 
Oele mit Wasserdämpfen und geschieht im Grossen fast immer 
unter Anwendung von Wasserdampf. Für die Gewinnung im Kleinen 
bedient man sich am zweckmüssigsten des in Apotheken gebräuchlichen 
Destillirapparates mit zinnernem Helmaufsatz und Kiihlschlange. 
Wenn ein Dampferzeuger vorhanden, empfiehlt es sich, durch Einleiten 
von Dampf zu destiliieren. Muss über freiem Feuer destillirt werden, 
so ist es unerlässlich, das Rohmaterial unter Anwendung eines an- 
  
gepassten Siebbodens oder durch Einhängen in einem siebartig durch- 
(Ch. 252.) 
lócherten zinnernen Einsatz vor dem Anbrennen zu schützen. 
Das gesammelte Destillat enthält stets mehr Wasser als ätherisches Oel. Bei Oelen, welche 
leichter sind als Wasser, bedient man sich zum Sammeln des Destillates der Florentiner 
Flasche (Fig. 252), deren Anwendung aus der Ab- 
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bildung verstándlich ist. Ihrer Zerbrechlichkeit wegen 
empfiehlt es sich, der Florentiner Flasche die in 
Fig. 253 dargestellte Form zu geben, welche zugleich 
den Vorzug besitzt, dass sie sowohl zur Abscheidung 
von leichten wie von schweren Oelen dienen kann. In 
ersterem Falle wird der obere Tubus £ verschlossen, in 
letzterem Falle verschliesst man bei @ und lässt das 
Destillationswasser durch das gekrümmte Abzugsrohr 
bei 6 ablaufen. 
Wenn nur wenig Oel vorhanden, so bleibt das- 
selbe zuweilen ganz im Destillationswasser gelöst. Es 
muss dann eine Anreicherung. durch »Cohobation» 
vorgenommen werden. Das Destillat wird so oft über 
frische Pflanzensubstanz destillirt, bis es übersättigt ist 
und einen Theil des Oeles ausscheiden lässt. 
In einzelnen Fällen, wo es sich um kleinere Mengen werthvoller oder wissenschaftlich 
    
   
   
  
   
    
  
     
  
   
    
     
     
   
   
    
    
   
   
     
    
    
   
   
     
     
   
     
   
   
   
    
  
   
   
    
  
   
    
    
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