572 Handwörterbuch der Chemie,
saures, stearinsaures Kalium in perlmutterglänzenden Krystallen abscheidet und
Kaliumhydroxyd in dem Wasser gelöst bleibt, während, wenn man weniger
Wasser anwendet, sich ein Gemisch von neutralem und saurem stearinsaurem
Kali ausscheidet und ein Viertel des Kalis gelöst bleibt. Diese Beobachtungen
CHEVREUL’S übertrug man auf die gewöhnlichen Seifen und erklärte: durch viel
Wasser werden die Seifen in sich ausscheidende saure Salze und in gelóst blei-
bendes freies Alkali zerlegt. Diese Ansicht ist von mehreren Chemikern, nament-
lich ALBERT FRICKE (2), M. DECHAN und T. MABEN (3) und E. ROTONDI (4) be-
kämpft. Besoncers beachtenswerth sind die Beobachtungen des zuletzt Genannten,
welche er mit Hilfe der Dialyse an Seifenlósungen anstellte. Er kam dabei zu
folgenden Resultaten: 1. Die neutralen Seifen mit Alkali zur Basis (CHH,4.-, MO,j)
werden durch Wasser in basische Seifen, (Cu H;4., MO, OMH), welche in heissem
und kaltem Wasser lóslich sind, und in saure Seifen, (ChHon—; MO,, ChHanO3),
welche unlöslich in kaltem und sehr wenig löslich in heissem Wasser sind, zer-
legt. 2. Die Zersetzung der neutralen Seife geht leichter in heissem Wasser als
in kaltem vor sich und eıfolgt rascher oder langsamer je nach der Concentra-
tion der Lösung und der herrschenden Temperatur. 3. Die basischen Seifen
dialysiren leicht, die sauren nicht. 4. Die durch Dialyse erhältene Lösung von
basischer Seife kann noch neutrale Seife enthalten, die man wieder in basische
und saure Seifen zerlegen kann, bis schliesslich die Lösung nur noch basische
Seife enthült. 5. Bei der Zersetzung der neutralen Seifen durch Wasser wird
weder Alkalihydrat, noch Alkalicarbonat frei, wovon man sich leicht überzeugen
kann, wenn man die basische Seife mit Kochsalz niederschlägt und die Flüssig-
keit nacl dem Filtriren analysirt.
Die wässrige Lösung der basischen Seifen giebt, namentlich heiss, mit Oel-
säure und anderen Fettsäuren eine klare Flüssigkeit, die auch beim Abkühlen so
bleibt, wenn eine hinreichende Menge basischer Seife zugegen ist; bleibt die
Lösung aber in Berührung mit der Luft, so trübt sie sich nach einigen Tagen,
indem aus der vorher gebildeten Mischung von basischer und neutraler Seife
saure und basische Seife entstanden ist.
Die basischen Seifen lösen in der Wärme die sauren Seifen. Die Lösung
trübt sich beim Abkühlen in kürzerer oder längerer Zeit je nach dem Verhältniss,
in welchem die basische und saure Seife zugegen sind. Hieraus erklärt es sich,
warum die gewöhnlichen Seifen in heissem Wasser löslich sind, obwohl die Zer-
setzung in diesem vollständiger ist, als in kaltem Wasser. Die kalten wässrigen
Lösungen der basischen Seifen verbinden sich nicht mit den Fetten, sondern
emulgiren dieselben nur. Mit Triolein erhält man auf diese Weise eine weisse
Masse, die wie Schlagsahne aussieht und sich mehrere Monate so hält, ohne dass
sich Oelpartikelchen abscheiden. Erwärmung bringt keine Veränderung in der
Masse hervor; setzt man aber 80 proc. Alkohol hinzu, so scheidet sich das Fett
oben auf einer klaren Flüssigkeit, welche kein Glycerin enthält, ab, ein Beweis,
dass das Fett nicht verseift, sondern nur emulgirt gewesen ist.
Die gewöhnlichen neutralen Seifen besitzen ebenfalls, wenn auch in geringerem
Grade, diese Eigenschaft, besonders in heisser Lósung, weil sie sich dann leichter
in basische und saure Seiten zerlegen als kalt. Eine Verseifung findet auch dabei
nicht statt, da man das Fett leicht durch Alkohol abscheiden kann und sich in
der alkoholischen Lósung kein Glycerin findet. Die sauren Seifen besitzen selbst
in der Wärme nicht, oder in ganz geringem Grade, die Eigenschaft der Emui-
sionsbildung.
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