Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 10. Band)

   
  
Handwörterbuch der Chemie. 
Die Existenz von einem Selensulfoxychlorid, SO ;Se,Cl,, nehmen Divers 
und SHIMOSE (173) in einer Auflösung von Selenchlorür in rauchender Schwefel- 
säure an oder in einer Lösung von Selensulfoxyd in Schwefelsäure, die man mit 
gasförmiger Salzsäure behandelt. Im ersteren Falle lagern sich die Componenten 
zusammen: 
SO, + Se, Cl, = SO,Se,Cl,, 
im zweiten verläuft die Reaction nach der Gleichung: 
25¢50; + 2HCl = SeSO,SeCl, 4- H,SO,. 
Durch weitere Einwirkung von Salzsäure wird die Verbindung unter Ab- 
scheidung von Selenchlorür zerlegt (s. die Darstellung des letzteren): 
SeSO,8SeCl, 4- HCl — Se,Cl, + SO,CI(OH). 
Die Isolirung dieses Kórpers, der jedenfalls sehr unbestündig ist, gelang nicht. 
b) Bromide. 
Selenmonobromid, Einfach-Bromselen, Selenbromür, Se,Br,. Man 
erhält diese, dem Selenchlorür entsprechende, niedere Bromverbindung des Selens 
durch Einwirkung von je 15:9 Thln. Selen auf 16 Thle. Brom. Da die Reaction 
bei Anwendung der reinen Stoffe heftig verläuft, so wird besser das grobgepulverte 
Selen mit der dreifachen Menge von trockenem Schwetelkohlenstoff übergossen 
und das Brom vorsichtig in kleinen Antheilen zugefügt, bis das Selen nahezu 
verschwunden ist. Die dunkelbraune Lösung hinterlässt nach dem Verdunsten 
des Schwefelkohlenstoffs reines Selenbromür. Auch durch Einwirkung von 5 Thln. 
Selentetrabromid auf 3 Thle. gepulvertes Selen in inniger Mischung wird das 
Bromür erhalten: 
SeBr, - 3Se = 9Se, Br,. 
Selenbromür ist bei gewóhnlicher Temperatur eine dunkelrothbraune, in 
dickeren Schichten schwarze Flüssigkeit von dünner Oelconsistenz und unan- 
genehmem, an den des Chlorschwefels erinnerndem Geruch. Es färbt die Haut 
dauernd braun; in dünner Schicht lässt es das Licht mit schón rubinrother Farbe 
durch, deren Spectrum ein System von fast gleichmissig abstehenden Absorptions- 
linien zeigt (186). Das spec. Gew. bei 15° ist = 8:604. Beim Erhitzen ent- 
weicht zunächst Bromdampf, dann eine geringe Menge Selentetrabromid und bei 
225—230? folgt der grössere Theil des Bromürs und endlich etwas Selen 
[R. SCHNEIDER (187)]. 
Selenbromür löst sich in Schwefelkohlenstoff in jedem Verhältniss, weniger 
leicht in Chloroform, Bromäthyl und Jodäthyl. In Wasser sinkt es zunächst zu 
Boden und zersetzt sich dann nach der Gleichung: 
25e,Br, + 3H,0 = H;,ScO, + 4HBr +- 3Se. 
Absoluter Alkohol spaltet in Selentetrabromid, das gelöst bleibt, und in sich 
abscheidendes Selen: 
2Se,Br, — SeBr, + 3Se. 
Selenbromür lóst bis zu 2292 Selen auf, das beim Vermischen mit Schwefel- 
kohlenstoff wieder als rothe Masse abgeschieden wird; es absorbirt begierig Brom 
unter Bildung von Selentetrabromid. 
Selentetrabromid, Vierfach-Bromselen, Selenbromid, SeBr,. Diese 
bromreichste Verbindung des Selens wird sowohl bei der Einwirkung von über- 
schüssigem Brom auf Selen, als durch Addition von Brom zu Selenmonobromid 
erhalten [R. SCHNEIDER (188)]. 
Man lóst 1 Thl. gepulvertes Selen in 10—12 Thln. Brom und presst den 
entstandenen Krystallbrei zwischen Filtrierpapier. Nach Verfliichtigung des freien 
     
  
   
  
   
   
  
  
   
   
  
  
  
  
   
   
    
   
  
  
  
  
  
  
  
   
   
   
    
  
    
    
     
  
  
   
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