Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 10. Band)

    
  
   
   
   
  
  
    
   
   
   
  
   
    
   
   
  
    
  
  
  
   
     
  
  
  
   
  
  
    
   
  
    
   
  
    
   
  
  
  
   
  
  
  
  
  
   
    
   
   
       
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Metalle aber schon unter 1000°, ja selbst unter seinem Schmelzpunkt in ge- 
ringer Menge mit verfliichtigt wird. 
Geschmolzenes Silber zeigt ein auffallendes Verhalten gegen Sauerstoff, inso- 
fern als es, weit unterhalb der Oxydationstemperatur, solchen zu absorbiren ver- 
mag. Schon lingst wurde beim Abtreibprocess die Beobachtung gemacht, dass 
das entbleite geschmolzene Metall beim Erkalten während des Festwerdens ein 
Aufsprudeln infolge einer Gasentwicklung zeigt. Die auf der Oberfliche schon 
gebildete feste Kruste wird durchbrochen und oft zum Theil fortgeschleudert. 
Wohl infolge der dadurch entstehenden Unebenheiten nennt SUETONIUS das reine 
Silber argentum pustulatum. Im Jahre 1819 lenkte der Londoner Münzbeamte 
SaM. Lucas (59) die Aufmerksamkeit auf diese Erscheinung, die man als 
Spratzen (franz. rochage) bezeichnet, und schrieb sie der Entwicklung von ab- 
sorbirter Luft oder Sauerstoffgas zu. Auch Gav Lussac (60) untersuchte das Phä- 
nomen und verglich dasselbe mit der Absorption von Phosphor durch Silber. 
Er stellte test, dass nur reines, von Kupfer, Blei und Gold freies Silber Sauer- 
stoff zu absorbiren vermag, und dass es beim Erkalten sein 22 faches Volumen 
an Gas entwickelt. 
Die Erscheinung findet nicht allein mit Silber und Sauerstoff bezw. Phosphor 
statt; auch geschmolzene Bleiglütte absorbirt Sauerstoff und spratzt beim Fest- 
werden. Ferner soll schweflige Sáure von Silber absorbirt werden. Dumas (61) 
hat beobachtet, dass glühendes Aluminium und ebenso Magnesium etwas mehr 
als ihr Volumen Wasserstoff entwickeln. Die Aufnahme von Wasserstoff durch 
Palladium, sowie Natrium gehört nicht hierher, da in diesen Fällen eine wirkliche 
Verbindung gebildet wird. 
Nach Lrvor verhindert eine kleine Menge Gold nicht das Spratzen des 
Silbers, sondern es muss die Legirung mindestens zur Hálfte aus Gold bestehen, 
wührend schon wenige Tausendstel Kupfer dem Silber diese Eigenschaft nehmen. 
Es ist wichtig zu wissen, ob das Silber im Moment des Festwerdens die Ge- 
sammtheit des absorbirten Sauerstoffs entlisst oder nicht, denn ein Gehalt an Sauer- 
stoff wiirde einen Einfluss auf die Bestimmung des Atomgewichts des Silbers aus- 
iiben; dieses ist aber fiir viele andere Atomgewichtsbestimmungen von funda- 
mentaler Bedeutung. Dumas (63) hat diese Frage in der letzten von ihm her- 
rührenden Arbeit untersucht. Vollkommen gereinigtes Silber wurde in einem 
Porcellanballon, der mittelst einer Quecksilberluftpumpe luftleer gemacht wurde, 
auf 400 bis 500° erhitzt, wobei eine Gasentwicklung eintrat. Beim darauf folgenden 
Erhitzen des Silbers bis zum Schmelzen (1000?) wurde kein Gas mehr entwickelt. 
Das Gas war reiner Sauerstoff; sein. Volumen betrug 57 Cbcm. bei 0? und 
760 Millim. Barometerstand für 1 Kgrm. Silber; also auf 3 Vol. Silber kommen 
etwa 2 Vol. Sauerstoff. 
Die Menge des absorbirten Gases wird vergróssert, wenn man das schmelzende 
Silber einer sehr oxydirenden Atmospháre aussetzt, indem man z. B. Salpeter 
auf seine Oberfläche wirft. Unter diesen Umstinden wurde bis 174 Cbcm. aus 
1 Kgrm. oder etwa 2 Vol. aus 1 Vol. Silber erhalten. 
Es geht aus Dumas’ Versuchen hervor, dass das schmelzende Silber etwa sein 
24 faches Vol. Sauerstoft absorbirt, dass davon 22 Vol. beim Festwerden ent- 
weichen, dass das festgewordene Metall im luftleeren Raum in der Kilte kein 
Gas ausgiebt, dass es aber bei 400 bis 600° noch langsam 1 bis 2 Vol. verliert, und 
dass bei Kirschrothgluth die Gasentwicklung aufhort.
	        
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