Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 10. Band)

   
  
  
  
  
  
698 Handwörterbuch der Chemie. 
in welcher durch Einführung eines Krystalls das gewässerte Salz zur Krystalli- 
sation gebracht wurde. Beim Trocknen des so bereiteten Salzes im Vacuum 
soll sich weder Oxyfluorid noch metallisches Silber bilden. 
MARIGNAC hat in áhnlicher Weise das Hydrat AgFl 4- H4,O in grossen, zer- 
fliesslichen Quadratoktaédern erhalten, welche bei der geringsten Temperatur- 
erhöhung sich gelbbraun färben. 
Silberoxyfluorid scheint sich beim Uebergiessen von Fluorsilber mit Fluss- 
säure zu bilden, da dabei viel Wärme frei wird (GUunTz). Dem beim Eindampfen 
der wässrigen Lösung von Fluorsilber in gelben Kryställchen entstehenden Oxy- 
fiuorid schreibt PFAUNDLER (130) die Zusammensetzung AgFl.AgHO zu. 
Das Fluorsilber hat vielfach zu Versuchen zur Darstellung von Fluor gedient. 
Siliciumfluorsilber, Ag,SiFl, + 2H,O, wird durch Eindampfen der 
Lósung von Silberoxyd in Kieselfluorwasserstoffsáure in Form weisser, zerfliess- 
licher Krystalle erhalten. Es schmilzt schon unter 100° und hinterlässt beim 
Glühen einen Rückstand von Silber und etwas Kieselsäure. Nach Zusatz von 
etwas Ammoniak zu der wässrigen Lösung entsteht ein hellgelbes, basisches Salz 
[MARIGNAC (131). 
Sauerstoffhaltige Salze. 
Silberhypochlorit, unterchlorigsaures Silber, AgClO. Wenn man 
Silbernitratlôsung mit einer Alkali enthaltenden Chlorkalklösung versetzt, so fällt 
neben viel Chlorsilber auch Silberoxyd aus. Die überstehende Flüssigkeit zeigt 
stark entfärbende Wirkung. Beim Filtriren zersetzt sich das darin enthaltene 
Silberhypochlorit, indem Sauerstoff entweicht und Silbersuperoxyd neben Chlor- 
silber gebildet wird. Bei Anwendung von ganz neutralem Chlorkalk oder von 
unterchlorigsaurem Alkali scheidet sich nur Chlorsilber ab. Die das Silberhypo- 
chlorit enthaltende Bleichflüssigkeit ist sehr unbeständig, indem sich wieder Chlor- 
silber ausscheidet. Aehnliche Resultate erhält man durch Einwirkung von Chlor 
auf Silberoxyd oder Silbersalzlôsungen [BALARD 132)]. 
Nach Stas (133) bildet sich, wenn man Chlor auf einen Ueberschuss von 
in Wasser vertheiltem Silberoxyd oder Silbercarbonat unter fortwährendem Um- 
schütteln einwirken lässt, zunächst unterchlorige Säure, welche dann langsam auf 
einen Theil des Silberoxyds oder -carbonats einwirkt, 
Ag,O + 2C1, + H,0 = 2AgC] + 2CIOH 
Ag,O + 2C10OH = 2Ag CIO + H,0. 
Bei Ueberschuss an Chlor bildet sich nur Chlorsilber und unterchlorige 
Säure. Die Lösung des Silberhypochlorits wirkt stark bleichend; sie zersetzt 
sich in der Ruhe und im Dunkeln allmählich, beim Erwärmen auf 60° schnell 
in Chlorsilber und Silberchlorat: 
3AgCIO = 2AgCI + AgClO,. 
Silberchlorit, chlorigsaures Silber, AgClO,. Man bereitet dies Salz 
nach MiLLON (134) durch Wechselzersetzung zwischen Silbernitrat und chlorig- 
saurem Alkali dessen Lósung einen geringen Ueberschuss von Alkali enthalten 
muss. Der Silberoxyd enthaltende Niederschlag wird mit Wasser ausgekocht. 
Beim Erkalten der Lósung scheidet sich das Silberchlorit in gelben Krystall- 
schuppen aus. Das trockne Salz verpufit bei 105°. Wird es mittelst eines Glas- 
stabes mit Schwefelblumen gemengt, so wird der Schwefel entzündet. Die ge- 
ringste Spur Sáure zersetzt das Salz, indem die freiwerdende chlorige Sáure mit 
chlorigsaurem Silber Chlorsilber, Silberchlorat und Chlorsáure bildet, 
2AgCl0,+ HCIO,= AgCl + AgClO,+ HCIO,. 
   
  
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
    
    
   
    
   
   
   
    
    
    
    
   
   
   
    
  
  
    
   
    
      
   
   
  
    
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