Handwörterbuch der Chemie.
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Verwandtschaft.*) (Vergl. d. Handwórterb., Art. »Affinitit«.) Die moderne
Verwandschaítslehre hat es in weiser Selbstbeschränkung zunächst aufgegeben,
das Wesen der die chemischen Erscheinungen bedingenden Kräfte zu ergründen,
und hat sich der rationelleren, weil lôsbaren Aufgabe zugewendet, durch
systematische Messungen die Gesetze zu erforschen, nach denen diese ihrer
Natur nach unbestimmten Kräfte wirken.
Die dabei angewendeten Methoden lassen sich in zwei Kategorien eintheilen,
die den bei der Messung mechanischer Kräfte anwendbaren Verfahren voll-
kommen analog sind: dynamische und statische Methoden.
Schlägt man den ersteren Weg ein, so ist der zeitliche Verlauf der in Frage
stehenden Reaction zu verfolgen, um aus der Geschwindigkeit der Umsetzung
Rückschlüsse auf die Intensität der wirkenden Kräfte zu ziehen. Diese Methode
wurde zuerst von WirHELMY (1) (1850) auf die Geschwindigkeit der Inversion
des Rohrzuckers durch Süuren angewendet. Es reprüsentirt diese Reaction in
der That den denkbar einfachsten Fall, da die Menge der invertirenden Säure
sich nicht ändert, und nur die Menge des zu invertirenden Zuckers stetig ab-
nimmt. Man nennt derartige Reactionen, bei denen nur eine der aufeinander
wirkenden Substanzen während des Umsatzes ihre Menge verändert, Vorgänge
erster Ordnung.
Da es bereits durch die älteren Versuche von BERTHOLLET als ausgemacht
gelten kann, dass die Wirkung zweier Substanzen aufeinander ausser von ihrer
Affinität auch von den Mengen abhängt, in welchen sie an der Reaction Theil
nehmen, und zwar beiden proportional ist, so ist das Gesetz für die Vorgänge
erster Ordnung unschwer aufzustellen. Gesetzt, es wären bei Beginn der
Reaction in der Volumeinheit A Grammäquivalente der umzuwandelnden Substanz
vorhanden gewesen, und nach Ablauf von t Zeiteinheiten würen x Gramm-
dquivalente der fraglichen Substanz verwandelt, so dass noch (A—x) Gramm-
üquivalente von derselben vorhanden sind. Da die Geschwindigkeit der Menge
der noch umsetzungsfähigen Substanz proportional ist, so ergiebt sich die ein-
fache Beziehung:
dx
dt == C(A — x),
wo C eine der Affinitit der beiden auf einander wirkenden Substanzen propor-
tionale Grosse ist. Obige Gleichung lüsst sich in die Form bringen:
dx
- = Cdt
A—x Cds
woraus sich, da fiir t = 0 auch x = 0, ist, durch Integration ergiebt:
A
log - nat zz Ct.
2 A—x €
*) 1) Pocc. Ann. 81, pag. 413—433. 1850; OsTWALD’s Classiker No. 29. 2) Ann. chim.
et phys. (5) 7, pag. 381. 1876. 3) Journ. prakt. Chem. (2) 29, pag. 385. 1884. 4) Pocc.
Ann. 94, pag. 598. 1855. 5) Philosophical transactions 1866, pag. 193. 6) Ibid. 1867,
pag. 117. 7) Journ. prakt. Chem. (2) 28, pag. 449. 1883. 8) Etudes de dynamique chimique
1884, pag. 14. 9) Ibid., pag. 31. 10) Ber. deutsch. chem. Ges. 21, pag. 2777. 1888. 11) Compt.
rend. 114, pag. 549. 1892. 12) Phil. Mag. (5) 6, pag. 371. 1878. 13) Ber. deutsch. chem.
Ges. 14, pag. 1361. 1881. 14) Zeitschr. phys. Chem. 1, pag. 110. 1887. 15) Journ. prakt.
Chem. 27, pag. 1. 1883. 16) Zeitschr. phys. Chem. 8, pag.657. 1891. 17) Etudes de dynamique
chimique 20. 18) Phil Mag. (5) 6, pag. 378. 1878. 19) Zeitschr. phys. Chem. 3, pag. 450.
1889. 20) Journ. prakt. Chem. 28, pag. 482. 1883. 21) Zeitschr. phys. Chem. r, pag. 676.
1888. 22) Ibid. 6, pag. 490. 1890. 23) Ibid. 4, pag. 89. 1889. 24) Ber. deutsch. chem.
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53) Ibid.
Chem. 5
58) Ibid.
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63) LIEB]
Ibid. 274