Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 13. Band)

Handwörterbuch der Chemie. 
Das bis jetzt geschilderte Verhalten des Wasserstoffsuperoxyds bezieht sich 
auf eine möglichst concentrirte Lösung desselben. Verdünnte Lösungen verhalten 
sich oft anders. 
Ozon und Wasserstoffsuperoxyd reagiren derart, dass Wasserbildung und 
Sauerstoffentwicklung eintritt (99, 100, 101, 102, 103). 
Schwefelsäure entwickelt aus Wasserstofisuperoxyd ozonhaltigen Sauer- 
stoff (98). 
Ueber die Reaction der Halogene und Halogenwasserstoffsiuren liegen 
widersprechende Versuchsresultate vor. 
Brom verwandelt sich in Bromwasserstoft, indem es gleichzeitig Sauerstoft 
aus dem Wasserstoffsuperoxyd frei macht (ScHÓNBEIN, FARLEY). Chlor und Jod 
thun dasselbe (FarRLEY). Bei Gegenwart von kohlensaurem Kali geht Jod in 
Jodwasserstoff über (LENssEN 104) Jodwasserstoff bildet Jod und Wasser 
(ScuóNBEIN). Bromwasserstoff wird zu Brom und Wasser, Chlorwasserstoff 
zu Chlor oder unterchloriger Sáure und Wasser oxydirt (LENssEN). Jodkalium 
zerfallt in Jod und Kali, namentlich bei Gegenwart von etwas schwefelsaurem 
Eisenoxydul in neutraler oder ohne letzteres in saurer Lösung (SCHÖNBEIN). Nach 
MEISSNER tritt in saurer Lösung nicht Zersetzung ein (105) Vergl. auch STRUVE 
(106), Löw (107), WELTZIEN (108). Nach SCHÖNE (109) wird durch Wasserstoffsuper- 
oxyd aus Jodkalium Jod abgeschieden, womit die Bildung von Kaliumhydroxyd 
verknüpft ist. Je verdünnter das Wasserstoffsuperoxyd ist, desto später tritt die 
Abscheidung ein; dieselbe erscheint aber sofort, wenn Ferrosulfat zugegen ist. 
— Ist die Wasserstoffsuperoxydlösung stärker als 0'2proc., so entwickelt sich 
unter heftigem Schäumen Sauerstoff; anderenfalls geht die Entwicklung dieses 
Gases ruhig vor sich. Die Reaction wird von etwa anwesenden Spuren Schwefel- 
oder Kohlensäure nicht beeinflusst. Eine selbst ganz geringe Menge Jodkalium, 
wenn auch noch so verdünnt, zersetzt grosse Mengen Wasserstoffsuperoxyd. 
SCHÖNE erklärt die Wirkung des Jodkaliums auf folgende Weise: Das Jodkalium 
setzt sich zuerst mit Wasserstoffsuperoxyd um in Kalilauge und Jodwasserstoft: 
1. 2KJ + 2H,0,=2K OH + 2H]. 
Das Kalihydrat wird dann durch Wasserstoffsuperoxyd zu K,0,, der Jod- 
wasserstoff zu Wasser und Jod oxydirt. 
2. H,0,+ 2K OH=K,0,+2H,0 
3. H,0, + 2H] =2H,0 + ]J,. 
Jod und K,0, setzen sich wieder um zu Jodkalium und Sauerstoff: 
4. Ja + K,0,=2K]J + O,. 
Nachher beginnt der Process von Neuem. Eine Grenze findet er in folgen- 
dem: Ist die Verdünnung gross, so wird nur ein Theil des Kalihydrats zu K,O, 
oxydirt, so dass für die Umsetzung von Jod und K,O, Jod im Ueberschuss vor- 
handen ist. Dieser Ueberschuss tritt mit ‚einem Theil des Kalihydrats ausser 
Reaction. Dass letztere beiden Körper unverändert nebeneinander bestehen 
können, liegt nach SCHÖNBEIN (110) daran, dass das Jodkalium in grösserer Menge 
das Jod gegen das Kalihydrat schützt. 
Auf ähnlichen Vorgängen beruht nach SCHÖNE die Einwirkung anderer Salze 
auf das Wasserstoffsuperoxyd. (Vergl. ENGLER und NassE 111). Durch Brom- 
kali wird letzteres in 22 Stunden vollständig, durch Chlorkalium zu ca. 25%, 
durch Chlornatrium zu 52 katalysirt. 
Nach BERTHELOT (112) soll Jodkalium auf Wasserstoffsuperoxyd nur bei 
Gegenwart von Kohlensäure einwirken, was SCHÖNE (113) bestreitet. 
      
   
     
   
  
  
  
  
  
    
    
   
    
    
    
    
    
  
  
  
  
  
    
    
   
   
    
   
    
     
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