Full text: Handwörterbuch der Chemie (2. Abtheilung, 3. Theil, 13. Band)

   
   
  
   
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
   
    
  
   
   
  
   
   
   
   
   
  
  
  
   
   
  
   
  
    
  
  
  
   
    
    
  
  
  
    
  
  
   
  
  
  
  
   
     
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Der von den Beeren abgepresste frische Saft heisst »Most«. Seine Zusammen- 
setzung ist sehr schwankend; er enthält etwa 0:4 bis 29 Sáure und 10 bis 302 Zucker, 
von den anderen Bestandtheilen abgesehen. Der frisch gewonnene Most ist in 
den verschiedenen Gegenden unter verschiedenen Namen (Süsser, Suser, Sauser), 
der in den Anfüngen der Gáhrung begriffene Most unter dem Namen »Feder- 
weisser« ein sehr beliebtes Getränk. Soll der Most conservirt werden, d. h. 
soll er nicht in Gährung übergehen, so kann dies erreicht werden 1. durch 
Einschwefeln, 2. durch Abkühlen auf 0° 3. durch Pasteurisiren, d. i. Erhitzen 
aut 65 bis 70°. 
Kiihlt man den Most unter 0° ab, so scheidet sich ein Theil des Wassers 
in nahezu reinem Zustande als Eis ab, während die davon getrennte Flüssigkeit 
nunmehr einen wesentlich concentrirteren Most darstellt (Glaciren). 
Ueberlässt man den Most sich selbst, so geräth er bei geeigneten Tempe- 
raturen freiwillig in alkoholische Gährung. Die Gährung wird hervorgerufen 
durch Gährungserreger, welche in den Most zum Theil. aus der Luft hinein- 
gelangen, zum Theil schon auf den Weinbeeren aufgesessen haben. In den 
letzten Jahren ist es gelungen, durch Reinzüchtung eine ganze Anzahl von Hefe- 
arten zu isoliren, welche die alkolische Gährung des Weines verursachen. Von 
diesen seien hier aufgeführt: Saccharomyces ellypsoideus, die gewöhnliche Weinhefe, 
S. eonglomeratus, S. apiculatus, SS. exiguus, S. Resiü, S. Pastorianus. Aller 
Wahrscheinlichkeit nach besteht die Thätigkeit dieser Fermente nicht nur in der 
Erzeugung von Alkohol, vielmehr sind sie auch an der Bildung der Bouquetstoffe 
des Weines betheiligt. In der That hat man in den letzten Jahren Versuche 
gemacht, den Charakter von Weinen durch Einsäen bestimmter Weinhefearten 
in die Moste zu modificiren. 
In wärmeren (südlichen) Gegenden, in welchen es zumeist auch an vortheil- 
haften Kelleranlagen mangelt, verläuft die Gährung meist bei Temperaturen gegen 
15 bis 20° C. Sie ist dann verhältnissmässig stüürmisch und der »Obergährunge 
des Bieres zu vergleichen. Die so erzeugten Weine sind reich an Alkohol 
(feurig), entbehren aber der geschätzten Bouquetstoffe, sie sind trocken und hart. 
In Deutschland und den mehr nórdlichen Theilen von Frankreich ldsst man 
die Gihrung bei niedrigen Temperaturen (8 bis 12°) vor sich gehen und erzielt 
damit eine ruhigere Gáhrung, welche, der Untergährung des Bieres vergleichbar, 
auf die Entwicklung der Bouquetstoffe von besonderem Vortheil ist. 
In beiden Fàllen aber, gleichgültig ob Ober- oder Untergáhrung stattfindet, 
kann man drei verschiedene Stadien der Gührung unterscheiden: 
1. Die Hauptgührung, für deutsche Verhältnisse etwa 3 bis 4 Wochen 
dauernd, 
9. die stille oder Jungweingáhrung, welche nochmals etwa 3 bis 4 Monate 
andauert und 
3. die Lagergáhrung, welche bis zur vollkommenen Reife des Weines 
währt. 
Zum Zwecke der Hauptgährung wird der Most in sogen. Gährfässer gebracht, 
welche durch verschiedenartig construirte Gührspunde wohl der entwickelten 
Kohlensäure zu entweichen gestatten, dagegen der Luft keinen Zutritt bieten 
oder diese zur Abhaltung schädlicher Keime wenigstens filtriren. Die Beob- 
achtung des Gährungsvorganges erfolgt durch Ermittelung des specifischen 
Gewichtes. Bleibt dasselbe constant, so ist die Gährung als beendigt anzusehen, 
  
  
  
 
	        
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