634 Handwörterbuch der Chemie.
Meiner Ansicht nach spricht ferner für die Aethylenoxyd-Lagerung,
dass die Glycosen mit Schwefelwasserstoff keine Thioderivate liefern,
[Erwıc und Könıcs (23)], obgleich dies bei Aldeh yden zu erwarten wäre; und dann
scheint mir die Beförderung der Anlagerung von Blausäure an die Glycosen durch
Spuren von Am moniak weiter für die Aethylenoxyd-Formeln zu sprechen,
denn diese Wirkung des Ammoniaks (75) deutet auf eine innere Umwandlung
im Molekül, und auf die Entstehung einer Lagerung, welche der Fixirung von
Blausäure günstiger als die ursprüngliche Lagerung ist.
Solche günstige Lagerung besitzen nun Stoffe mit der Aldehyd- oder
Ketongruppe, und folglich muss diese Aldehydlagerung aus einer anderen,
d. h. der ursprünglich vorhandenen Aethylenoxydlagerung, erst entstehen.
Gegen die Aldehydformel der Glycosen spricht ferner der Umstand, dass
nach DOEBNER (29) beim Wirken von Dextrose oder Galactose auf Brenz-
traubensäure und 8-Naphtylamin sich (ausser der Methylverbindung, welche
mit den beiden zuletzt genannten Stoffen allein entsteht) keine substituirten
Naphtocinchoninsäuren bilden, während beim Erhitzen von Brenztrauben-
säure und 8-Naphtylamin mit den verschiedensten wirklichen Aldehyden
solche Naphtocinchoninsäuren, welche die mit der Aldehydgruppe ver-
bundenen Reste der Aldehyde enthalten, entstehen.
Es ist übrigens auch denkbar, dass verschiedene Substanzen derselben
Zusammensetzung existiren, deren eine die Aldehydformel besitzt, die andere
aber die Aethylenoxydformel.
Diese »Isomeren« werden àühnliche Reactionen besitzen, die gleichen Osazone
liefern und leicht in einander iibergehen [s. a. ScHUNCK und MARCHLEWSKI (30)].
Configuration der Glycosen.
Die Isomerie der zahlreichen Glycosen beruht nach E. FiscHER zum Theil
darauf, dass letztere einerseits Aldehyd-, andererseits Ketonlagerung besitzen,
aber meistens darauf, dass die mit dem Kohlenstoff verbundenen Wasserstoff-
und Hydroxylgruppen je nach der betreffenden Glycose eine verschieden-
artige Anlagerung besitzen.
Es ist dies im allgemeinen von vaN r'Horr und LxBEL ausgesprochen, und
in neuester Zeit von E. FiscHER für das Gebiet der Hexosen und Pentosen
im einzelnen vóllig durchgeführt.
Wie schon früher näher ausgeführt wurde, ist in allen optisch aktiven, d. h.
das polarisirte Licht drehenden Substanzen, so auch in den Kohlenhydraten
asymmetrischer Kohlenstoff vorhanden, d. h. ein oder mehrere Atome
Kohlenstoff, deren Affinititen durch vier verschiedene Gruppen gesättigt sind (7)
(vergl. auch v. BAEYER, Ber. 27, pag. 3495; LADENBURG, Ann. 279, pag.363. D. Red.).
Die einzelnen Kohlenstoffatome der Glycosen, welche (Handwôrterb. VI,
pag. 21) mit. 2, 3, 4, 5 bezeichnet sind, sind asymmetrische.
Wie früher angeführt, ist es bei dem asymmetrischen Kohlenstoff nicht
gleichgültig, in welcher Reihenfolge die verschiedenen Gruppen, welche die
4 Affinitäten des einzelnen C-Atoms sättigen, an dem C-Atom sich folgen, und
es missen von jedem Kôrper, welcher ein asymmetrisches C-Atom besitzt,
9 Modifikationen existiren. Bei Benutzung von stereo-chemischen Modellen,
(Tetraëder oder Figuren aus 4 in einem Punkte zusammengelôtheten Gummi-
rôhrchen) sieht man leicht, dass die beiden so entstehenden Modifikationen sich
zu einander verhalten wie ein Körper zu seinem Spiegelbilde, d. h. bei voll-
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