Handwörterbuch der Chemie.
8) Inversionspolarisation.
Wenn in dem zu untersuchenden Zucker ausser Rohrzucker keine anderen
drehenden Substanzen sind, giebt die direkte Polarisation richtig den Zucker-
gehalt an, sind aber Invertzucker oder andere drehende Substanzen vorhanden,
so muss man den Zucker mit Salzsäure invertiren, wodurch die Rechts-
drehung des Rohrzuckers in Links umschlägt und demzufolge entweder Link s-
drehung oder doch grosse Polarisationsverminderung eintritt, und aus
der letzteren oder der Summe der ursprünglichen Rechtsgrade und der
nach der Inversion entstandenen Linksgrade (S.) findet man dann den
Gehalt an Rohrzucker.
Es kommt sehr darauf an, die Operationen der Inversion der Zucker-
lösungen mit Salzsäure und der Polarisation der Inversionsprodukte
richtig auszuführen.
Für die von REICHARDT und BITTMANN sowie von CREYDT benutzten Inversions-
bedingungen ist von LANDOLT und RATHGEN (614) die Linksdrehung, welche
auf je 100? ursprünglicher Rechtsdrehung sich ergiebt, bei 20? zu — 32:4 Grad
gefunden, HERZFELD (615) hat für die unten folgende genau innezuhaltende Arbeits-
32:66 Grad festgestellt, und
Andere fanden wieder andere Zahlen, so Worrr (616) — 32:54 Grad, HERLES
(617) — 31-77 Grad, Gute (618) fast — 32 Grad etc. Es hángt diese Zahl von
der angewandten Menge Salzsäure ab, denn es findet bei Anwendung giósserer
weise der »Ausführungsbestimmungen« sie zu -
Mengen Salzsáure zugleich mit der Inversion leicht eine geringe Zersetzung der
Lávulose statt, welche sich schon vor bemerkbarer Gelbfirbung durch Ver-
ringerung der Linksdrehung àáussert, und ferner hat schon die Gegenwart von
Salzsäure Einfluss auf die specifische Drehung (GUBBE).
Es wird das halbe deutsche Normalgewicht (13:024 Grm.) Zucker abgewogen und in 75 Cbem.
Wasser im 100 Cbem.-Kolben gelóst Man setzt unter Umschütteln 5 Cbcm. Salzsáure von
382 Gehalt (1:188 spec. Gew.) zu, würmt móglichst schnell in einem etwas über 70? C.
warmem Wasserbade auf 67 bis 70° an, wozu etwa 2 bis 3 Minuten erforderlich sind, und nun
wird .die Temperatur unter Umschwenken des Kolbens 5 Minuten lang auf 67 bis 70° und
zwar moglichst auf 69? gehalten. Die Temperatur wird an einem im Kolben befindlichen
Thermometer abgelesen. Dann kühlt man rasch ab, füllt zu 100 Cbcm. auf und polarisirt im
Glasrohr mit Wassermantel môglichst genau bei 20? C.
Wenn S die Summe der Rechtsgrade vor der Inversion (diese waren mit einer Lósung
von 26:048 Grm. Zucker in 100 Cbcm. gefunden) und der (weil nur das halbe Normalgewicht
Zucker in der Inversionsbestimmung angewandt war) verdoppelten Linksgrade nach der Inversion,
und t die Temperatur der Flüssigkeit sind, so erhált man die Zuckerprocente nach
mum aT oder bei 20° - US [s. HERZFELD (619)].
Inversion des Rohrzuckers mit Oxalsáure statt mit Salzsáure giebt
nach HErRzFELD und KRONE (620) kein praktisch brauchbares Resultat.
Wenn neben Rohrzucker Raffinose (s. d.) vorhanden ist, muss man
andere Formeln anwenden, denn die Raffinose ändert bei der Inversion ihr
Drehungsvermögen, indem letzteres von — 104° auf + 53° sinkt, und je 100 Grad
ursprüngliche Rechtsdrehung der Raffinose sind nach der Inversion 51:24 Grad.
Man findet Zucker und Raffinose, wenn man die von HERZFELD (621)
gegebenen Anweisungen befolgt. Die HERZFELD’schen Formeln sind aus den ur-
sprünglich‘ von CREYDT (622) gefundenen durch geringe Modifikationen hervor-
gegangen. Die obigen Anweisungen finden sich in den Ausführungsbestimmungen
des deutschen Zuckergesetzes.
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