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II. Abschnitt. 1. Allgemeine Anordnung der Sprossungen.
erfüllt, dessen oberirdische normale Verzweigungen dann die Blüthenstengel
bilden könnten; allein dass diese morphologische Ausnahme nur bei einer phy-
siologisch abnorm lebenden Pflanze eintreten kann, das verstehen wir sofort,
und daher wird auch hier sogleich das übermüchtige Walten der mit den
einfachsten Mitteln sich begnügenden Lebensókonomie im Haushalt der Pflanzen
klar, und wir dürfen uns nicht wundern, wenn dieselbe immer auf's Neue erheb-
liche Ausnahrzen in die morphologischen Geseize hineinbringt.
Auch diese Ausnahme steht natürlich nicht vereinzelt da,
nur wenige Pflanzen die individuelle Lebenserhaltung SO sehr in die Wurzel
legen und die Caulome nur adventiv austreiben lassen. Die Zahl. solcher
Pflanzen, welche neben ihrer normalen Wachsthums- und Verzweigungsweise
der beblätterten Achsen solche nebensächlich zur vegetativen Vermehrung auch
als Adventivbiidungen der Wurzeln produciren, ist nicht unbetrüchtlich.
Es ist neuerdings von WARMING [Om Knopdannelse paa Ródder; Botanisk Tids-
skrift, III. Serie, Dd. 2, pag. 23756351577] ein Verzeichniss darüber aufgestellt,
aus dem hervorgeht, dass namentlich die Holzgewüchse der Dicotyledonen zahl-
reich solche Wurzelausschlüge treiben, wie das aus dem
holzender Wurzeln sich erwarten Hess; die Entstehung der »Wurzelbrut« ist von
HangrIG [Anatomie und Physiologie der Holzpflanzen, 1879; pag. 246 sqq.]
geschildert. Aber auch die Zahl der krautartigen Gewüchse mit adventiven Knospen-
bildungen an Wurzeln ist nicht gering, und bei vielen scheint diese Bildung mit
grosser Regelmüssigkeit stets einzutreten. So lieferte namentlich Scilla Hughit
[abgebildet durch WARMING, 1. c..pag. 61, Fig. 1 ein sehr schónes Beispiel dafür,
und die an den langgestreckten Wurzeln sich bildenden Zwiebelchen, die sich als-
bald selbstündig bewurzein, entsprechen In ihrem physiologischen Effect durchaus
der oben geschilderten vegetativen Reproduction von Polygonum viviparum durch
axilläre Zwiebelchen, wenngleich der Ursprungsort ein sehr verschiedener 1st.
Man wird durch die zahlreichen Ausnahmen, welche in der Neuzeit immer mehr
an das Licht gefórdert werden, veranlasst, die topologische Morphologie als
er Wissenschaft selbst gebildete Bezeichnungsweise
der physiologisch-mechanischen Richtung den
wahren Ausdruck der Natur
wenngleich wol
anatomischen Bau ver-
eine unnatürliche und von d
stets mehr zu verlassen und in
sicheren Fortschritt der Wissenschaft als in dem
zu suchen. — Um übrigens auf die grosse Zahl von Phanerogamen zurückzu-
kommen, deren Wurzeln adventive Stengelknospen bilden, so sei bemerkt, dass
MacwNus das erwühnte V erzeichniss der krautartigen Pflanzen noch vermehrt hat
[Sitzungsber. des botan. Vereins d. Prov. Brandenburg, 26. Apr. 1878]. Nament-
lich wird auch Scabiosa ochroleuca als eine Pflanze erwähnt, welche an ihrer
Pfahlwurzel häufig adventive Stengelknospen bildet, vermittelst deren die Pflanze
oft überwintert; sie brechen aus ihr in von oben nach unten fortschreitender
Folge hervor, die obersten bilden sich zu oberirdisch überwinternden Blattrosetten
aus, während die untersten in ihrem unentwickelten Zustande stecken bleiben.
Wachsthum der Wurzeln. Diese Ausnahmen beeinträchtigen also die
vorhin aufgestellte Regel, dass die Caulome es sind, welche zuerst die Haupt-
wurzel, dann aber seh: häufig noch eine unbestimmte Anzahl adventiver, die
Hauptwurzel in ihren F'unctionen ergänzender oder ersetzender Adventivwurzeln aus-
gliedern. Die Zahl der letzteren und überhauptihr Hervortreten aus Theilen der Achse,
welche im embryonalen Zustande noch keine Wurzelanlagen zeigten, wird in
erster Linie durch die Wachsthumsfähigkeit der Hauptwurzel bedingt. Dieselbe
ist bei sehr vielen Dicotyledonen befähigt, nicht nur reiche eigene Verzweigungen