724 Die Morphologie der Phanerogamen.
sprechend erwarten müssen, dass nàmlich dieStaminen, oder vielmehr die Filamente,
wenn überhaupt eine Verwachsung unter ihnen eintritt, alle verwachsen. Gewisse
Blüthen zeigen aber auch ein Verwachsen in zwei Bündel (Polygala), werden da-
zu aber in der Regel nur durch den darin obwaltenden Zygomorphismus veran-
lasst. In den durch Chorise gebildeten Bündeln právalirt der Medianus des ganzen
Primordiums durch seine bedeutendere Stirke und Linge, überhaupt ist ein
solches Bündel einem strahlig-nervigen und zwischen den Hauptnerven tief ge-
theilten Laubblatte zu vergleichen, bei dem jedes Segment zu einem Pollen
bildenden geworden ist. Es sind aber in der Figur solche Beispiele gewählt,
bei denen der basale Zusammenhang der einzelnen Filamente deutlich ist; viel-
fach ist dies im entwickelten Zustande der Blüthe nicht mehr der Fall, und so besitzt
die Praxis mannigfache Schwierigkeiten, den fertigen Zustand derselben richtig
zu deuten.
Iso-, Diplo-, Polystemonie der Blüthen. — Der zweite Hauptpunkt,
auf den sich die erwáhnte Weitertheilung des LixNÉ'schen Schlüssels stützt, waren
die Zahlenverhiltnisse der freien Staminen, welche die Terminologie als »distincta«
bezeichnet (getrennt, nicht zu verwechseln mit frei, d. h. für sich inserirt und
nicht auf dem Perianthium). Auf die einfache Zahl stützen sich die Ausdrücke
monandrische, diandrische . . . polyandrische Blüthen. Es versteht sich
schon aus der allgemeinen Theorie des Blüthenbaues, dass nicht die absolute
Zahl der Staminen das wichtige darin ist, sondern die Art und Weise, wie die-
selbe zu Stande kommt; beispielsweise kónnen uns 4 Staminen in einer actino-
morph-tetrameren Blüthe nicht überraschen, ebenso wenig 8 in einer anderen;
aber 4 oder 8 in einer pentameren Blüthe sind etwas ganz anderes und deuten
ausnahmslos auf einen Abortus durch Zygomorphismus oder auf ein anderes die
normale Zahl umgestaltendes Verhàltniss hin. Es erscheint daher naturgemiss,
die Blüthen nach der Staminalzahl anders einzutheilen und zuerst die zygomorphen
mit ihren unregelmissigen Zahlenverhiltnissen ganz auszuschliessen, da dieselben
in jedem Fall einer besonderen Erklàrung bedürfen. Wir nennen solche Blüthen,
in denen die Staminalzahl ihrem einfachen Numerus entspricht, haplostemone
oder isostemone, diejenigen in denen sie dem doppelten Numerus gleichkommt,
diplostemone, (wenn die äusseren Staminen in diesem Falle den Petalen
opponirt sind, nennen wir sie obdiplostemon; s. oben pag. 710, 711); wenn
sie endlich das Vielfache des Numerus betragen, und zwar durch Vermehrung
der Cyklen so zahlreich geworden, pollaplostemon. Háufig tritt auch eine
gróssere Zahl von Staminen an Stelle eines zu erwartenden neben einander auf,
ohne sichtliche Chorise eines einzelnen; in diesem Falle nennt man die Ursache
der Staminalvermehrung Dédoublement, und zwar pflegt sich sehr háufig ein
geringes Dedoublement der einzelnen Primordien mit einer starken Cyklusver-
mehrung zu vereinigen.
In den Blüthenformeln muss die Zahl mit dieser rationellen Betrachtung in Einklang gebracht
werden; das Androeceum haplostemoner Blüthen trügt daher die einfache Zahl, z. B. Zzzwm A. 5,
bei diplostemonen Blüthen dagegen die Zahl in eine Summe aus zwei gleichen Summanden zer-
legt, z. B. Saxifraga À 5+5, Lum 34-3. Dedoublement und Chorise werden durch Exponent-
zahlen ausgedrückt, so dass die 9 Staminen von Bæ/omus z. B. bezeichnet werden als A 3 -- 3?
weil der innere Cyklus verdoppelt ist; ebenso die vielen Staminen der Myrtaceen, welche aus
4 Primordien entspringen, als A 4??, aber die zahlreichen Cyklen zu verdankenden pollaplostemonen
Blüthen von Ranunculaceen und Rosaceen als A oo, die Adelphien durch das Verwachsungs-
zeichen, z. B. Ononis A (5 + 5). —
Synandrie und Syngenesie. — Die wahre Verwachsung erstreckt sich