VORWORT. '
enn die »Encyklopadie der Naturwissenschaften« mit einer der reinen
V Mathematik gewidmeten Abtheilung beginnt, so hat dies seinen
guten Grund darin, dass jede Naturwissenschaft, welche nicht bloss beob-
achten und experimentiren sondern Naturgesetze erkennen will, die Hülfe
der Mathematik nicht entbehren kann. Dies erklárt sich sehr einfach; denn
ein Naturgesetz ist die Regel, nach welcher eine bestimmte Klasse von Natur-
erscheinungen vor sich geht; aber jeder Naturprocess erfolgt irgendwo d. h.
an einer oder mehreren Stellen des Raumes, er hat seinen bestimmten Ver-
lauf in der Zeit, er kann endlich mit grösserer oder geringerer Intensität
d. h. mit gradweiser Verschiedenheit auftreten — es ist daher ohne Weiteres
einleuchtend, dass man ein Naturgesetz nicht einmal präcis aussprechen ge-
schweige denn verstehen kann, ohne von den mathematischen Bestimmungen
räumlicher, zeitlicher und graduell verschiedener Grössen Gebrauch zu machen.
Aus demselben Grunde besitzen schon die einfachsten Definitionen der Physik
einen mathematischen Charakter (Dichtigkeit z. B. ist das Verhältniss der
Masse zu deren Volumen), der sich bei eigentlichen Naturgesetzen zu mathe-
matischen Formeln steigert (beim freien Falle eines Körpers z. B. wächst
der durchlaufene Weg proportional dem Quadrate der verflossenen Zeit.)
Was nun die vorliegende Darstellung der Mathematik betrifft, sc kann
sie, gegenüber der kolossalen Ausdehnung der Wissenschaft, selbstverstándlich
keine erschópfende sein, wol aber soll sie den Leser so weit führen, dass er
eine ganze Reihe von Hauptwerken über Astronomie, Mechanik, Physik und
Ingenieurwissenschaften lesen und sich nóthigenfalls weiter helfen kann. Das
Ganze zerfállt in zwei Haupttheile, deren erster die niedere Mathematik
(Arithmetik und Algebra, Planimetrie, Stereometrie, Projectionslehre und
Trigonometrie, und deren zweiter die hóhere Mathematik (Analytische Geo-
metrie der Ebene und des Raumes, Differentialrechnung, Integralrechnung