6. Von den Gleichungen. 79
II. Abschnitt.
Die Gleichungen.
Kapitel 6.
Von den Gleichungen überhaupt und den Bestimmungs-Gleichungen ersten
Grades insbesondere.
§ 48. Eintheilung und Umformung der Gleichungen.
Hrrs $ 60.
1. Jede Gleichung, deren Seiten unter allen Umständen einander gleich
sind, die also bei vorkommenden unbestimmten Zahlen (Buchstaben-Grössen) für
beliebige Werthe der letzteren richtig ist, heisst eine identische Gleichung
oder eine Identität. So sind z. B. die Gleichungen
dT
aq,
ferner äö+7=20—8,
a+b=b+a
(a — 0b). e— ac — bc
und überhaupt alle im Vorhergehenden abgeleiteten Gleichungen, welche die
als allgemein gülüg bewiesenen Gesetze der Arithmetik darstellen, identische.
Dagegen ist z. B. die Gleichung a -4- 7 — 12 nicht für jeden beliebigen
Werth von a, sondern nur für z — 5 gültig, und daher keine identische. Dasselbe
gilt u. A. auch von der Gleichung x-r-y = 10, welche zwar für unzáhlig viele
verschiedene Werthe von x und y, wie z. B. x — 1,y — 9 oder x = 9,J —8 oder
X = 0,9, y — 9,5 richtig ist, jedoch nicht für alle für x und y zugleich willkürlich
angenommenen Werthe gültig bleibt.
Bei einer solchen nicht identischen Gleichung entsteht die Aufgabe, die-
jenigen Werthe einer oder mehrerer von den in ihr enthaltenen unbestimmten
Zahlen zu bestimmen, für welche die Gleichung richtig ist. Mit Rücksicht hier-
auf nennt man eine solche Gleichung eine Bestimmungsgleichung, und die-
jenigen Zahlen, für welche die bestimmten Werthe gesucht werden sollen, damit
die Gleichung eine identische werde, heissen die unbekannten Grössen oder
schlechthin die Unbekannten der Gleichung. Man bezeichnet die letzteren in
der Regel durch die letzten Buchstaben, x, y, z, des Alphabets.
Diejenigen Werthe einer Unbekannten, welche einer gegebenen Bestimmungs-
gleichung genügen, werden die Wurzeln der letzteren genannt. Das Aufsuchen
dieser Wurzeln nennt man das Auflósen der Gleichung.
2. Aus jeder gegebenen Gleichung, sie sei eine identische oder nicht, kann
man durch Vornahme gleicher Operationen auf beiden Seiten neue Gleichungen
ableiten, welche im Wesentlichen denselben Inhalt, wie jene haben und denselben
nur in verschiedenen Formen darstellen. Solche Gleichungen kann man der
ersten und unter einander congruent nennen. Die wichtigsten derartigen Um-
formungen sind folgende:
a) Aus dem Grundsatze »Gleiches zu Gleichem addirt, giebt Gleiches,«
folgt, dass man zu beiden Seiten einer jeden gegebenen Gleichung gleiche
Glieder addiren darf. Addirt man insbesondere zu beiden Seiten ein Glied,
welches auf einer Seite bereits durch Subtraction verbunden vorkommt, so fällt