Full text: Lehrbuch der physiologischen Chemie

    
Vorlesung 14. 
  
   
   
   
  
  
  
     
    
  
  
  
  
  
      
      
   
  
  
  
  
  
    
    
   
    
   
   
   
Schicksal der Aminosáuren im Zellstoffwechsel. Harnstoffbildung. Der 7 
Vorgang der Desaminierung. Bildung von «-Ketosáuren als reversibler V 
Vorgang. Umaminierung. Neubildung von Aminosáuren aus anderer 
Quelle als aus solchen. Bildung von Aminen. 
Wir haben uns bereits flüchtig mit dem Schicksal der Aminosäuren 
jenseits der Darmwand beschäftigt und festgestellt, daß jene davon, die 
nicht unmittelbare Verwendung zum Aufbau zelleigener und an- 
derer Eiweißstoffe mit besonderen Funktionen (Trägersubstanzen 
in Fermentsystemen usw.) oder zur Bildung von Reserveeiweiß 
finden oder aber Ausgangsmaterial z.B. zur Umformungs in be- 
stimmte Hormone sind, ihrer Aminogruppe beraubt werden. 
Wir erwähnten ferner, daß dabei Ammoniak entstehe, das zur „Entgiftung“ 
rasch in Harnstoff übergeführt werde. Eine gewisse Menge davon bleibt übrigens 
erhalten und erscheint im Harn. Seine Funktion ist, Säuren zu neutralisieren. 
Man ist auf diese bei der Untersuchung des Harnes von Diabetikern gestoßen. Es 
fiel auf, daß dieser oft sehr reich an Ammoniak ist, jedoch in gebundener Form. 
Bei genauerem Zusehen entdeckte man, daß der Gehalt des Harnes an ß-Oxy- 
buttersäure und Azetessigsäure in Beziehung zu der Ammoniakausscheidung steht. 
Parallel mit ihrem Umfang sinkt der Harnstoffgehalt des Harnes, woraus hervor- 
geht, daß Ammoniak und Harnstoff Beziehung zueinander haben. 
Betrachten wir nun. zunächst die Struktur des Harnstoffes. Man kann ihn 
als das Diamid der Kohlensäure auffassen: 
No OF Fr < 
ll 0 "NI 
CO ee 
XOH NH, 
Kohlensäure Harnstoff 
Ein Blick auf die lange Reihe von Aminosäuren, die wir S.99ff. aufgeführt haben, 
belehrt uns ohne weiteres, daB die Bildung des Harnstoffs kein einfacher Vorgang 
sein kann. Nur eine einzige Ausnahme fällt uns auf. Es ist dies das Arginin. In 
| diesem steckt die Guanidinogruppe. Zwischen dieser und dem Harnstoff sind Be- 
|l ziehungen unverkennbar. In der Folge glückte es, aus dieser Aminosäure nicht 
Il nur mit Mitteln der Chemie Harnstoff abzuspalten, vielmehr ergab sich, daB die 
I Leber ein Fermentsystem enthált, genannt Arginase, das Arginin unter Hydro- 
I lyse in jenes Stoffwechselendprodukt und eine «,2-Diaminovaleriansáure, 
I! genannt Ornithin, zerlegt. Der Vorgang ist der folgende: 
| | | NH, 
zo 
Im HN =C- NH:CH,.CH,-CH,.CH.-COOH —-» cé = gc 
Î 
ot NH, st 
H-O-H S 
| | Arginin Harnstoff 
Il 5i 
NH, CH, - CH, -CH, -CH -COOH 
| NH, NH, 
  
  
rss un 
Ornithin
	        
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