Full text: Lehrbuch der physiologischen Chemie

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Das Insulin begünstigt in einer dem Wesen nach noch unbekannten Weise die 
Fixierung des Glykogens in derLeber!/?/?, Gewif ist in dieser Hinsicht der 
Umstand bedeutungsvoll, daB das Blut aus der Pankreasdrüse in der Vena pan- 
creatico-duodenalis der Leber direkt zugeführt wird. Man hat die genannteVene 
mit der rechten Vena renalis in Verbindung gebracht. Nunmehr gelangte das In- 
sulin unmittelbar in das Blut des allgemeinen Kreislaufes. Die Folge davon war 
ein niedriger Blutzuckergehalt. Es regelt offenbar die Leber irgendwie den Zu- 
fluB von Insulin zu den übrigen Kórperzellen. Weiterhin hat Insulin EinfluD 
auf den Zuckerumsatz in den Geweben. Leider wissen wir nicht, in welcher 
Weise es in diesen eingreift. Manche Beobachtungen sprechen dafür, daD es Ein- 
fluB auf Phosphorylierungsvorgánge und auf den Abbau von Brenztraubensaure 
hat. Wir werden noch erfahren, daB jene und die Ketosàure eine bedeutungsvolle 
Rolle beim Zuckerabbau spielen. Ferner werden wir erkennen, daB Vitamin B,- 
pyrophosphorsäure in den Kohlenhydratstoffwechsel eingreift. Nun haben wir 
schon S.33 erfahren, dab ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten der 
Azetonkórper und dem Kohlenhydratstoffwechsel besteht. Es sei daran er- 
innert, daß beim Fehlen der Kohlenhydrate in der Nahrung auch bei „normalen“ 
Individuen nach einiger Zeit solche auftreten. Sie verschwinden, wenn wieder 
Zucker zugeführt wird. Es verschlechtert sich ferner der Zustand des Diabetikers, 
wenn die Kohlenhydratzufuhr wesentlich eingeschránkt wird. Es kommt zu ver- 
mehrtem Auftreten von Azetonkórpern. Erhóht man jene, dann vermindert sich 
ihre Menge. Von diesen Feststellungen aus verstehen wir ohne weiteres, daß 
Insulin eine günstige Wirkung in Hinsicht auf den Gehalt von Zellen und Blut 
an Azetonkórpern ausübt, ohne daB an eine unmittelbare Wirkung auf ihre 
Bildung bzw. ihren Abbau gedacht zu werden braucht. 
Kehren wir nun zurück zum Problem der Einregulierung des Blutzucker- 
gehaltes. Es ist naheliegend, beim Insulin an einen Gegenspieler zum Adrenalin 
zu denken. Droht der Zuckerspiegel anzusteigen, dann kann das Insulin ihn herab- 
setzen. Ganz so einfach liegen die Verhältnisse nun nicht! Wir möchten auch bei 
der Insulinabgabe- gerne wissen, auf welche Weise die Abberufung erfolgt. Es 
liegen Befunde vor, die darauf hinweisen, daß dem Vagus — insbesondere dem 
rechten — als Inkretionsnerven für den Inselapparat eine solche Rolle zukommt. 
Während wir beim Adrenalin einigermaDen in der Lage waren, die morpho- 
logischen Gebilde für. eine reflektorisch bewirkte Glykogenmobilisierung anzu- 
führen: Leber — N. parasympathicus — Zuckerzentrum — N. sympathicus — 
Leber (bzw. Nebenniere: Adrenalin — Leber), vermógen wir bei der Lieferung von 
Insulin zur Zeit noch kein lückenloses Ineinandergreifen von entsprechenden Ge- 
schehnissen nachzuweisen. 
Alles in allem erkennen wir, daB die Aufrechterhaltungeinesbestimmten 
Zuckergehaltes im Blute mehríach gesichert ist*. Nervensystem und 
  
1 Wie kompliziert die Verhàltnisse bei der Festlegung und Abberufung des Glykogens 
liegen, dafür nur ein Beispiel. Wird der Glykogenvorrat durch Verabreichung von Kohlen- 
hydraten erzeugt, dann wird die Leber im Hungerzustand früher glykogenírei, als wenn 
Glykogen im Anschluf an eine eiweißreiche Ernährung zur Ablagerung gekommen ist. — 
Erwähnt sei noch, daß auch: dem Nebennierenrindenhormon und den Sexualhormonen ein 
EinfluB auf die Glykogenbildung zukommt. Neuerdings wird auch der Thymusdrüse ein 
solcher zugeschrieben. 
? Auch die Neubildung von Muskelglykogen wird durch Insulin begünstigt. 
? Der N. parasympathicus und Azetylcholin unterstützen diesen Vorgang. 
4 Man hat auch an einen Abruf von Insulin und Adrenalin durch den erhóhten bzw. ge- 
senkten Blutzucker gedacht. 
  
  
  
 
	        
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