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gelegenen Stelle am Boden des vierten Ventrikels wurde Ansteigen der Kochsalz-
ausscheidung durch die Nieren ohne gleichzeitige Veránderung der Wasserausfuhr
beobachtet. Man hat von einem Kochsalzzentrum gesprochen. Auf zentral-
nervóse Einflüsse ist auch ein beobachteter Rhythmus in der Kochsalzabgabe
durch die Nieren zurückgeführt worden. Zunächst konnte gezeigt werden, daß
gegen 13 Uhr ein Maximum der Harnausscheidung stattfindet, dem etwa um
1 Uhr ein Minimum gegenübersteht. Interessanterweise tritt das Maximum der
Chlorausscheidung schon um 11 Uhr in Erscheinung. Zurückgeführt wird dieser
Rhythmus auf die auch nach anderer Richtung festgestellte rhythmische
Funktion der Leber.
Es liegen schon seit langer Zeit sehr interessante Befunde über den Einfluß
der Epithelkörperchen auf den Kalziumgehalt des Blutes vor. Er wird auf
ein Hormon, genannt Parathormon, zurückgeführt. Leider ist dieses noch
nicht in reinem Zustand bekannt. Es ist ohne Zweifel ein Protein. Es ergibt sich
dies, abgesehen von den Eigenschaften des wirksamen Prinzips, aus dem Um-
stande, daß es vom Verdauungskanal aus unwirksam ist. Man muß es parenteral
zuführen. Entfernt man die Epithelkörperchen, Glandulae parathyreoideae,
vollständig; dann treten sehr schwere Störungen auf. Äußerlich bemerkt man
schwere Krämpfe (Tetaniel). Als Ursache hat sich eine gesteigerte Erreg-
barkeit der sensiblen und motorischen Nerven ergeben. Uns interessiert
hier an erster Stelle der Befund einer starken Senkung des Gehaltes des
Blutes an Kalzium?/*. Verbunden ist damit eine gesteigerte Kalziumausfuhr
durch die Dickdarmschleimhaut, weniger durch die Nieren. Der Organismus ver-
liert also Kalzium. Der Phosphorsáuregehalt des Blutes nimmt an der Senkung
des Kalziumspiegels nicht teil. Beim wachsenden Organismus beobachtet man im
Zusammenhang mit dem verminderten Kalziumgehalt des Blutes und damit des
Organismus Stórungen in der Knochenbildung. Auch die Zahnent-
wicklung ist gestórt. Bei Erwachsenen hat man verminderte Kallusbildung
bei Knochenbrüchen festgestellt. Parathormon vermag die Folgen der Epithel-
kórperchenbeseitigung auszugleichen. Wie es im Einzelnen wirkt, ist unbekannt.
Es gibt nun auch eine Überfunktion der Epithelkörperchen. Sie äußert sich
in einer Hyperkalzämie. Es werden verschiedene Störungen wie z. B. die
Recklinghausensche Krankheit (Osteodystrophia fibrosa) auf sie zu-
rückgeführt. Man hat solche mehrfach mit Erfolg durch Exstirpation von Epithel-
körperchen bekämpft. Unter allen Umständen müssen 1—2 davon geschont
werden.
Ein weiteres Hormonorgan, das in den Mineralstoffhaushalt tief eingreift, ist
offensichtlich der Rindenanteil der Nebennieren. Wir haben wiederholt er-
wáhnt (S. 25, 79, 214), daB von ihm aus mittels des Desoxycorticosterons die so
grundlegend wichtigen Phosphorylierungen gesteuert werden. Es sei kurz auf deren
1 Interessanterweise làBt sich das Auftreten manifester Krampferscheinungen nach Total-
exstirpation der Epithelkórperchen durch die Art der Nahrung vor und nach erfolgter
Operation beeinflussen. Man kam zu derartigen Versuchen aus der Erfahrung heraus, daß
Fleischfresser den Verlust der genannten Organe besonders stürmisch beantworten. Es kommt
sehr rasch zu schwersten Krämpfen, während Pflanzenfresser weniger ausgesprochene Reak-
tionen zeigen. Füttert man z. B. Hunde mit Brot und Milch unter Hinzufügung größerer
Mengen von. Milchzucker und milchsaurem Kalk, dann können Krämpfe nach Epithel-
körperchenexstirpation ausbleiben. Es besteht jedoch Krampfbereitschaft (Ausbruch
von Krämpfen in der Zeit der Brunst, in der. Schwangerschaft).
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3 Auch der Kieselsáuregehalt des Blutes erfáhrt eine Senkung.
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