Full text: Lehrbuch der physiologischen Chemie

   
  
  
  
  
  
  
  
  
34 
Ein wunder Punkt in der Vorstellung, daß Fettsäuren im Fettstoffwechsel 
unter paarweiser Abspaltung von C-Atomen zerlegt werden, liegt in der Frage, 
in welcher Form sich diese vollzieht. Wir haben in dem S. 31 mitgeteilten Abbau- 
schema eine Hydrolyse angenommen und Essigsäure entstehen lassen. Sie ist 
jedoch nicht nachgewiesen. Das bedeutet durchaus nicht, daß sie nicht entsteht. 
Es könnte ganz gut sein, daß sie fortlaufend in sehr geringen Mengen gebildet 
und dann sofort weiter verwandelt wird. Es besteht aber auch die Möglich- 
keit, daD ein Produkt entsteht, das viel reaktionsfáhiger ist als die Essigsáure!. 
Viel Anklang hat die folgende Vorstellung vom Schicksal der nach dem jetzigen 
Stand unseres Wissens hypothetischen Essigsáure gefunden. Es wird ange- 
nommen, daß zwei Moleküle Essigsäure unter Dehydrierung zu Bernstein“ 
säure vereinigt werden. Unter nochmaliger Dehydrierung erfolgt Fumar- 
säurebildung. Nunmehr setzt Wasseranlagerung ein. Es kommt zur Entstehung 
von Äpfelsäure, aus der dann unter Wasserstoffabgabe: Oxalessigsáure 
hervorgehen kann. Von hier aus kónnte der Abbauweg unter Kohlensáureab- 
spaltung zu einer Ketosáure führen, der wir noch mehrfach begegnen werden, 
nàmlich zur Brenztraubensáure. Nochmalige Kohlensáureabspaltung liefert 
Azetaldehyd. Von der Brenztraubensáure aus gelangt man unter Hydrierung 
zu Milchsàure. Da diese, wie wir noch.erfahren werden, in Zucker um- 
gewandelt werden kann (im Muskel und insbesondere in der Leber), ist ein Weg 
gewiesen, wie aus Fettsäuren Kohlenhydrate gebildet werden könnten. Da viele 
Reaktionsabläufe umkehrbar sind und Brenztraubensäure und Milchsäure auch 
Abbaustufen der Glukose sind, stehen wir vielleicht einer der Möglichkeiten 
gegenüber, die von dieser zu Fettsäuren führen. Was den umgekehrten Vorgang 
anbetrifft, so stehen sich zwei Meinungen schroff gegenüber. Nach der einen 
Ansicht wird in unserem Organismus kein Zucker aus Fettsäuren gebildet, 
nach der anderen ist das in gewissem Umfang der Fall. Da man beim an 
Diabetes melitus Leidenden bislang nie einen Übergang von Fettsäuren in 
Zucker feststellen konnte, glaubt man ganz allgemein, einen solchen Vorgang 
ablehnen zu können. Man vergißt jedoch dabei, daß das, was der Diabetiker nicht 
leisten kann, durchaus im Bereich der Möglichkeiten des normalen Organismus 
liegt. Es sei daran erinnert, daß der letztere mit ß-Oxybuttersäure und ihren 
Abbaustufen ohne weiteres fertig wird, während der Diabetiker in diesem Be- 
reich des Zellstoffwechsels Störungen aufweist. Übrigens wird auch angenom- 
men, daß die Essigsäure über Oxalsäure in Kohlensäure und Wasser zer- 
COCH 
fallen kann. Hierzu ist zu bemerken, daß die genannte Dikarbonsäure: | ’ 
COOH 
stets im Blut und im Harn angetroffen wird. Nun findet sich solche stets in der 
Pflanzennahrung. Auch animalische Nahrungsmittel können kleine Mengen davon 
enthalten. Sie kann ferner im Darmkanal unter dem Einfluß von Mikroorganismen 
aus Kohlenhydraten usw. gebildet werden. Außerdem kommt es im Zellstoff- 
wechsel zur Bildung von Oxalsäure. So liefern solche u. a. bei der Leberdurch- 
strömung Glukose, Zitronensäure, Buttersäure, Bernsteinsäure und Glvkokoll. 
Mengenmäßig ist dieser Anteil der im Harn erscheinenden Verbindung gering?. 
! Feststeht, daB Essigsáure zur Azetylierung Verwendung finden kann. Sie kann übrigens 
auch aus Áthylalkohol hervorgehen. 
2 Auffallenderweise enthilt der Harn Verbindungen noch unbekannter Art, die Oxalsáure 
liefern (oxalogene Produkte). 
      
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
     
    
  
  
TE OTN 
ie PE VV SIENS 
  
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.