Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 1. Band)

   
   
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
    
  
176 Einfluss der Luft. 
ist die Schneide die Drehaxe. Sie soll es wenigstens sein, ist es aber nicht ge- 
nau, weil sie niemals eine mathematische Linie, sondern stets ein schmaler Theil 
einer Cylinderfliche von sehr kleinem Halbmesser 7 ist. LAPLACE und BESSEL 
zeigten, dass hierdurch die beobachtete Pendellànge /' zu gross ausfällt; die 
wahre 7 ist, wenn s der Schwerpunktsabstand ist: 
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if - i) 
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der Fehler ist also nicht so ganz unbedeutend, da er direkt proportional mit 7 
ist; er betrügt z. B. für » = 0'1 zs und s — 0°5 x immerhin 0:0002 des Werthes. 
Da man aber » nur schwer bestimmen kann, thut man besser seinen Einfluss 
zu eliminiren, wofür BEssEL verschiedene Methoden angegeben hat. Benutzt man 
z. B. zwei Pendel, die aus derselben Kugel, derselben Schneide, aber verschieden 
langen Drühten gebildet sind, so kann man aus den Schwingungsdauern und 
dem Längenunterschied der Drihte die correspondirenden Lángen berechnen, 
unabhängig von der Schärfe der Schneide (und zugleich unabhängig von der 
Homogenität der Kugel.*) 
Einfluss der Temperatur. Je hôher die Temperatur, desto kürzer wird 
die Pendelstange und umgekehrt. Man muss also bei wissenschaftlichen Angaben 
die Temperatur hinzufügen. Bei Uhren macht man sich durch die sogen. Com- 
pensation (s. Ausdehnung durch die Wärme) von der Temperatur unabhängig. 
Einfluss der umgebenden Luft. Bei allen genaueren Pendelunter- 
suchungen ist zu berücksichtigen, dass die in den Gleichungen (2) u. s. w. ent- 
haltene Theorie durch den Einfluss der Luft modificirt wird. Dieser Einfluss 
erstreckt sich auf Amplitude und Schwingungsdauer. In ersterer Hinsicht sei 
nur kurz bemerkt, dass alsdann die Amplituden abnehmen, und zwar in geo- 
metrischer Progression, im übrigen aber auf weiter unten folgende Artikel ver- 
wiesen. Im luftleeren Raume kann man es, wenn man überdies die Reibung 
in der Aufhängung möglichst verringert, dahin bringen, dass ein Pendel tage-, ja 
wochenlang schwingt.?) Der Einfluss auf die Schwingungsdauer ist ein doppelter, 
ein aerostatischer und ein aerodynamischer. Um den ersteren zu berück- 
sichtigen, muss man nach dem archimedischen Princip die verdrängte Luftmasse 
m,, deren Schwerpunktsabstand s, sei, in Rechnung ziehen. Der andere Ein- 
fluss rührt daher, dass das Pendel eine gewisse Luftmenge mit sich hin und 
herführt, und dass hierdurch sein ’Trägheitsmoment vergrôssert wird. Man 
kann demnach, wenn e eine von der Gestalt und Schwingungsdauer des Pendels 
abhängige Constante ist, die Lünge des correspondirenden einfachen Pendels 
I A+ ems 
ms — my Sq 
setzen. Nach BESSEL kann man € experimentell bestimmen, indem man zwei Pendel 
von gleicher Gestalt und fast gleicher Schwingungsdauer, aber verschiedener 
Masse benutzt. In Bezug auf das weitere sei auf die Untersuchungen von BESSEL?) 
und von O. E. MEvER?) verwiesen, und nur noch die von Letzterem abgeleitete, 
genaue und detaillirte Formel, welche auch die innere Reibung der Luft berück- 
sichtigt, angegeben: 
1) Niheres bei BESSEL, a. a. O. u. bei F. NEUMANN, Einl. in die theor. Phys. (Hrsg. v. 
PaPE) Leipz. 1883, pag. 78. 
2) BorroMLEY, Phil. Mag. 23, pag. 72 (1887). 
3) BESSEL, a. a. O. 
4) O. E. MEYER, CRELLE's J. 73, pag. 3! (1871). — Pocc. Ann. 142, pag. 481 (1871). 
     
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