Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 1. Band)

204 Schwere im Erdinnern. 
wirkt als die ganze Erde. Es ist dies letztere unmittelbar einleuchtend, weil bei 
der kleineren Kugel der Nenner des Ausdruckes z/7? nur in quadratischem, 
der Zähler aber in kubischem Verhältnisse kleiner ist als bei der grösseren. Diese 
Argumentation wird aber hinfällig, wenn die Dichte von aussen nach innen zu- 
nimmt. An ihre Stelle hat alsdann eine complicirtere Rechnung zu treten, welche 
u. A. von HErMErT}), unter allgemeineren Voraussetzungen aber kürzlich von 
WEIHRAUCH?) durchgeführt worden ist. Letzterer gelangt zu dem Satze: »Geht 
man innerhalb einer aus concentrischen, homogenen Kugelschalen gebildeten 
Kugel aus dem Centrumsabstand + da in den Abstand a, so nimmt die 
Schwere zu oder ab (G.Z Ga+da), je nachdem die Dichte der durchbrochenen 
Schicht kleiner oder grösser ist, als zwei drittel der mittleren Dichte der Kugel, 
zu welcher man gelangt (2,5 25,).« Hiernach muss die Schwere beim Ein- 
dringen ins Erdinnere anfangs zunehmen, wie es die Beobachtungen thatsächlich 
ergeben (so dass man schon hieraus einen Rückschluss auf die Zunahme der 
Erddichte nach innen zu machen könnte); später aber muss, von einer be- 
stimmten Tiefe an, die Schwere wieder abnehmen und im Erdmittelpunkt null 
werden. In welcher Tiefe der Uebergang stattfindet, hängt von dem Gesetz ab, 
nach welchem die Dichte mit der Tiefe zunimmt; thut sie dies gleichiôrmig, so 
liegt diese Stelle in 0:186 Erdradius Tiefe, und der Maximalwerth von G ist 
Gmax = 1°055g; wächst dagegen die Dichte gleichfórmig beschleunigt, so ist 
die kritische Stelle in 0:133 Erdradius Tiete und G,,44,; — 1:038. 
Lokale Schwankungen der Schwere. Ausser den bisher betrachteten 
regelmáüssigen Aenderungen mit der Hóhe über, der Tiefe unter der Erdober- 
fläche und der geographischen Breite weist die Schwere auch noch unregelmissige 
Schwankungen von vergleichsweise lokalem Charakter auf. So zur Seite mächtiger 
Bergmassen, wo die Richtung der Schwere, oder unterhalb solcher, wo die Grósse 
der Schwere beeinflusst wird, weil im ersten Falle eine seitliche, im zweiten Falle 
eine der Schwere entgegengesetzte Anziehung ins Spiel kommt. Bei verschiedenen 
Gebirgen, z. B. den Alpen, den schottischen Bergen, dem Kaukasus und dem Harz 
ist der erstere Einfluss zahlenmüssig nachgewiesen worden; beim Harz wurde 
sogar ein ganzes System von Lothableitungen in zahlreichen, rings um den Harz 
und in demselben gruppirten Orten zusammengestellt?) Eine umgekehrte Loth- 
abweichung, d. h. eine scheinbare Abstossung wird zur Seite von tiefen Thal- 
einschnitten stattfinden, und entsprechend über solchen oder über vulkanischen 
hohlen Erdstrecken eine Schwüchung der Schwere. Ein weiteres Moment ist 
die lokale Hóhe des specifischen Gewichtes des Erdmasse: über erzreichen Ge- 
bieten muss die Schwere grósser, auf dem Meere muss sie kleiner ausfallen, als 
die allgemeinen Formeln es verlangen würden. In wie gesetzmüássiger Weise 
das letztere zutrifft, ist aus dem Umstande zu ersehen, dass Sir W. SIEMENS hierauf 
einen Apparat zur Messung der Meerestiefe, das Bathometer, gegründet hat.^) 
  
1) HELMERT, Die Theorien d. hóh. Geodaesie, Bd. 2, pag. 493. 
2) WEIHRAUCH, Rep. d. Phys. 22, pag. 396 (1886). 
3) v. BAEYER, Astronom. Nachr. (2) Nr. 87. 
4) Sir W. Siemens, Compt. rend. 83, pag. 780 (1877). Die Anziehung eines kleinen 
Erdabschnittes von der Tiefe 4 und der Dichte 4 ist 
1 2 y 
A, = Inkhd 7T S or)’ 
also für kleine %: Ay = 2nAd; 
andererseits ist die Anziehung 4 der ganzen Erde 4A=4rxrRd, also 4,:4=2:3R. An der 
Oberfläche eines Meeres von der Tiefe R' vermindert sich die Anziehung im Verhältniss von 
      
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
   
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
   
   
  
  
    
    
     
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