Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 1. Band)

426 Quellen und Senken, 
selbe charakterisirte Flüssigkeitsbewegung ist jedoch meist von geringem physi- 
kalischem Interesse, und zwar hauptsächlich aus dem Grunde, weil in Anbetracht 
des Nullwerdens des Massenpotentials im Unendlichen, die Flüssigkeit dort als 
ruhend gedacht werden muss, während doch in Wirklichkeit die Flüssigkeit von 
gewissen Stellen herströmt und nach anderen Stellen abfliesst. Man gelangt so- 
mit nothwendig ‚zu der Vorstellung, dass der Raum, dessen Massenpotential man 
benutzt hat, es ist, aus welchem die Flüssigkeit hervorquillt, resp. in welchem 
sie verschwindet. Ebenso verhält es sich, wenn man, was im übrigen offenbar 
erlaubt ist, nicht ein Massenpotential selbst, sondern einen seiner Differential- 
quotienten zum Geschwindigkeitspotential wählt. Immerhin ist eine diese Pro- 
bleme behandelnde Theorie, welche insbesondere von englischen Physikern aus- 
gebildet und von VorcrT!) sehr übersichtlich dargestellt ist, die Theorie der 
Quellen und Senken, interessant genug, um hier wenigstens angedeutet zu 
werden. Wählt man nämlich für ¢ das Potential einer beliebigen Anzahl von 
Massenpunkten, also den Ausdruck 
my, 
er FR , 
h 
so muss man, da fiir diese Massenpunkte selbst o — oo wird, was physikalisch 
nicht zulässig ist, das Gebiet der zu betrachtenden Flüssigkeit dadurch begrenzen, 
dass man alle diese Punkte oder, genauer, kleine Kugeln um sie als Mittelpunkte, 
ausschliesst. Diese Räume spielen für die Betrachtung nur insofern eine Rolle, 
als man sich aus ihnen Flüssigkeit in den der Betrachtung unterworfenen Raum 
einströmend oder aus letzterem in erstere ausströmend zu denken hat. Die Punkte 
der ersteren Art heissen Quellen, die der letzteren Art Senken, das während 
der Zeiteinheit gelieferte Flüssigkeitsvolumen die Ergiebigkeit. Besonders 
wichtig ist der Fall, dass zwei Quellpunkte von entgegengesetzt gleicher Ergiebig- 
keit einander unendlich nahe liegen; sie heissen dann ein Quellpaar und ihr 
Abstand ihre Axe. In diesem Falle erhält man nämlich als Geschwindigkeits- 
potential den Difterentialquotienten des Massenpotentials einer Quelle nach der 
Axe des Quellpaares; und ebenso lassen sich die hóheren Differentialquotienten 
durch complicirtere Verbindungen von Quellen und Senken verwirklichen. End- 
lich ist noch der Fall eines Quellpaares zu nennen, dessen Axe nicht unendlich 
kurz, sondern im Gegentheil unendlich lang ist. 
Zu physikalisch wichtigeren Fällen gelangt man, wenn man, unter 7 ein 
Massenpotential verstanden, 
oV 
qu Mens 
wáhlt. In der Unendlichkeit (g = oo) wird hier nämlich 
$060 Ito a Bla 
ox — 0» - oz . 2 
man hat also die Erscheinung eines Fliissigkeitsstromes, dessen ur- 
spriinglich der Einheit gleiche und gradlinige Geschwindigkeit da- 
durch modificirt wird, dass sich ihm ein ruhender fester Körper in 
den Weg stellt. Nimmt man nun statt dessen an, die Flüssigkeit ruhe in der 
Unendlichkeit, dafür aber bewege sich der feste Körper mit der Geschwindigkeit 
1 in entgegengesetzter Richtung, so bleibt die relative Bewegung dieselbe, und 
man erhält somit die Erscheinung der Bewegung, welche in einer ur- 
sprünglich ruhenden Flüssigkeit dadurch hervorgerufen wird, dass 
!) Vorcr, Elementare Mechanik, Lpz, 1889, pag. 348. 
      
   
   
    
     
   
  
    
  
     
   
    
    
  
  
     
   
  
  
    
    
   
    
   
  
  
  
  
   
  
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