Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 1. Band)

  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
    
528 Aérostatik. 
kann man dieser Berechnung eine praktische Fassung geben, indem man fragt, 
bis zu welcher Hóhe sich die Atmospháre bei den verschiedenen Erscheinungen 
geltend mache, und jede derartige Erscheinung wird ein Mittel für die Berechnung 
an die Hand geben; insbesondere sei hier auf die verschiedenen optischen, thermo- 
dynamischen und astronomischen Methoden hingewiesen, die naturgemäss zu sehr 
verschiedenen Werthen, im Mittel aber etwa zu einer Hóhe von 300 km führen). 
Atmospháàrische Fluth und Ebbe. Ohne die Untersuchung für Gase 
selbständig auszuführen, kann man das der statischen Theorie entsprechende 
Resultat aus der entsprechenden Untersuchung für Flüssigkeiten (pag. 391) ableiten; 
dort ergab sich ein Niveauunterschied des Wassers zu den Zeiten von Fluth 
und Ebbe, hier ergeben sich analoge Differenzen für den Luftdruck zur Zeit der 
Culminationen und Quadraturen von Mond resp. Sonne. Da nümlich zur Zeit der 
Fluth das Wasser 0:55 z& resp. 0:24 m hoher steht als bei Ebbe, so ist der Luft- 
druck in gleicher Hóhenschicht zur Fluthzeit um den Druck einer Luftschicht 
von 0:55 m resp. 0:24 m grósser als bei Ebbe; in Quecksilberhóhe (s. u.) giebt 
dies nur 0-052 mm resp. 0 023 mm, also weniger, als durch Messung genau nach- 
gewiesen werden kann. Indessen erhált man auch hier, wie bei den Gezeiten des 
Wassers, nicht unerheblich gróssere Werthe, wenn man einmal von der statischen 
zur dynamischen Theorie übergeht und zweitens die Wirkung der Continente, der 
Bodenreibung, der Stauung der Luft in den Gebirgen u. s. w. berücksichtigt. Ein Zu- 
sammenhang zwischen Fluthen und Witterungserscheinungen erscheint daher, 
wenn auch experimentell nicht sicher nachgewiesen, doch im Princip nicht aus- 
geschlossen. 
Gewicht der Gase. In allen Füllen, wo die Expansivkraft der Gase nach 
einer bestimmten Richtung zur Wirksamkeit gelangt, darf die Wirkung der Schwere 
auf sie, also ihr Gewicht, demgegenüber vernachlässigt werden. Bei der Dampf- 
maschine z.B. ist es absolut gleichgültig, ob der Dampf den Kolben nach oben, 
nach der Seite oder nach unten treiben soll. Dagegen macht sich, wenn die 
Spannungsverhältnisse durch Anordnung und Festigkeit der Wandungen gleich- 
mässig nach allen Seiten vertheilt werden, das Gewicht der Gase sehr wohl 
geltend und kann leicht gemessen werden. Man braucht zu diesem Zwecke nur 
einen Ballon von Metall oder Glas einmal mit Gas gefüllt, das andere Mal leer 
zu wägen; die Differenz beider Grössen ist das Gewicht der benutzten Gasmenge, 
natürlich bezogen auf den gleichzeitig beobachteten Druck und Temperatur; soll 
der Druck z. B. der normale, d. h. der der Atmosphäre sein, so braucht man 
nur die zur Füllung dienende Ballonöffnung, je nachdem das Gas schwerer oder 
leichter als Luft ist, nach oben oder nach unten bringen und kann sie dann für 
die kurze Zeit der Wägung offen lassen. Bei Anwendung eines hinreichend 
grossen Ballons und Benutzung einer hinreichend empfindlichen Waage — frei- 
lich Anforderungen, welche sich gegenseitig erschweren — erhält man verhält- 
nissmässig genaue Werthe. In ähnlicher Weise kann man natürlich auch zeigen, 
dass sich die verschiedenen Gase durch ihre Gewichte unterscheiden. Sehr ein- 
fach und anschaulich ist in dieser Hinsicht der folgende, von FARADAY angegebene 
Vorlesungsversuch. Hängt man an eine Waage zwei Bechergläser, das eine auf- 
recht, das andere verkehrt, und giesst man in jenes ein schweres Gas, z. B. 
Kohlensäure von oben, oder in dieses ein leichtes, z. B. Wasserstoff, von unten 
ein (was man nach der optischen Schlieren-Methode auch dem Auge sichtbar 
machen kann), so schlägt die Waage beide Mal nach jener Seite um. 
  
1) S. z. B. GUNTHER, Geophysik, Bd. 2, pag. 85. 
   
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