Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 1. Band)

   
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Fortlaufende und stehende Wellen. 703 
der »Bäuche« sind, so kann man auch sagen, dass diese letzteren den Bergen 
und Thälern der Transversalbewegung entsprechen, wihrend, wie die Fig. 217 
sofort zeigt, die Knoten der Transversalbewegung den Verdichtungen 
und Verdünnungen der Longitudinalbewegung entsprechen. 
20) Es ist schon unter 5 darauf hingewiesen worden, dass es zwei von ein- 
ander wesentlich verschiedene Wellenbewegungsformen giebt, wobei námlich 
»fortlaufende« Wellen und »stehende« Wellen in Betracht kommen. Diesem 
wichtigen Unterschiede der Wellen müssen wir noch besondere Aufmerksamkeit 
schenken. Sofort bemerken wir, dass alle Betrachtungen, die bisher angestellt 
wurden, zunächst der fortlaufenden Wellenbewegung gelten. Das Wesen dieser 
Bewegung lásst sich leicht dadurch cbarakterisiren, dass man sagt: Die fort- 
laufende Wellenbewegung sei eine solche, bei der von einer Stelle 
aus ein Wellengebilde erregt wird, welches Wellengebilde sich nach 
und nach in derselben ursprünglichen Form auf immer fernere Theile 
des Schwingungsmediums übertrügt. Hierfür haben wir die besten Bei- 
spiele. Erstes Beispiel: Wir werfen einen Stein ins Wasser, es entsteht rings- 
herum um die Einwurfstelle ein kreisfórmiger Wellenberg, und dieser verbreitet 
sich immer weiter und weiter, und fernere, ruhende Theile der Wasserfläche 
werden nach und nach ebenfalls einen Wellenberg bilden. Oder: Eine Meeres- 
welle eilt dem Ufer zu, sie wird zurückgeworfen und lässt sich weit hin wieder 
in ihrem Laufe verfolgen. Zweites Beispiel. Ein langes Seil ist ausgespannt ; 
wir schlagen an einem Ende mit der Hand darauf; eine Vertiefung, ein Wellen- 
thal bildet sich und sofort sehen wir, dass dieses Thal rasch nach dem anderen 
Ende hinliuft, dass also die ferneren Seiltheile in dieselbe Bewegung gerathen 
wie die ursprüngliche Ausgangsstelle. Drittes Beispiel. In der Luft wird irgend- 
wo ein Knall erregt, er besteht in einer Luftverdichtung, die zunüchst um die 
Erregungsstelle sich bildet; diese bleibt aber nicht hier bestehen, sondern breitet 
sich nach allen Richtungen, d. h. nach den Radien einer Kugel aus, und wir 
wissen, dass in jeder Sekunde diese Verdichtung um ca. 330 » weiter fortschreitet. 
Die beiden ersten Beispiele sind für eine Transversal, das letzte für eine 
Longitudinalbewegung geltend. Suchen wir nun nach Beispielen für eine stehende 
Wellenbewegung. Das Wesen dieser Bewegung zeigt sich darin, dass dieselbe 
Wellenform, welche an einer Stelle des Schwingungsmediums einmal auftritt, nicht 
in derselben Weise bald darauf an jeder anderen Stelle beobachtet wird, sondern 
so, dass das Auftreten dieser Wellenform nur zwischen bestimmten Grenzen, d. h. 
an ganz bestimmte Strecken gebunden ist und auf dieser Strecke in perio- 
discher Weise sich auch ándert. Ein Wellenberg wird in Folge dessen bei 
einem Seile, welches in stehender Wellenbewegung sich befindet, nicht an jeder 
Stelle, sondern, wie wir sehen werden, bloss je zwischen zwei Knoten auftreten 
und wird sich hier zwischen in ganz bestimmter Weise veründern, so, dass bald 
dem Berg ein Thal folgt und umgekehrt. Die Stellen der Knoten selbst kommen 
nie auf den Gipfel eines Berges oder in die Tiefe eines Thales zu liegen. 
Wenn derartige durchgreifende Verschiedenheiten eintreten und bestehen 
sollen, so kann der letzte Grund hiervon nur darin gesucht werden, dass nicht 
jeder Punkt des Schwingungsmediums dieselbe Primitivbewegung 
ausführt, sondern, dass diese für die verschiedenen Punkte eine ver- 
Schiedene ist. Denn führte jeder Punkt nach und nach z. B. dieselbe Be- 
wegung aus wie der Punkt 0 in unserer Punktreihe 0, 1, 2, 8... der Fig. 217, so 
würde ja gerade das herauskommen, was wir als das Charakteristische der fort- 
laufenden Wellenbewegung erkannt haben. 
    
   
  
  
    
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
   
  
  
  
  
  
   
    
   
   
  
  
  
   
  
   
  
  
  
   
   
   
  
    
  
   
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
	        
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