772 Zusammenklang der Töne.
zu danken haben. Wir haben schon gesehen, dass es eigentlich einfache Töne
kaum giebt, und dass die Töne allermeistens zusammengesetzt sind ähnlich wie
die Lichtsorten. Der Name »Klangfarbe« wurde wohl auch von v. HELMHOLTZ
zuerst eingeführt, und ist dies der Beweis dafür, dass wir es hier in der Akustik
und in der Optik mit einem vollkommenen Analogon zu thun haben. Wir
gebrauchen für Farbeneindrücke die entsprechenden Benennungen und reden
z. B. von »Blau«. Aber dieses Blau ist ein ausserordentlich verschiedenes und
würde es schwer sein, alle die Namen tür die verschiedenen »Blau« hier anzu-
führen. Wir reden von »Dunkelblau«, »Hellblau«, »Schwarzblau«, »Weissblau«,
»Grünblau«, »Wasserblau«, »Himmelblau«, »Veilchenblau« u. s. w. Es entsprechen
alle diese »Blau« etwa dem, was wir in der Akustik einmal ein »c,« nennen:
Eine Sängerin kann es uns vorsingen, eine Männerstimme kann es, eine Orgel-
pfeife ertönt mit diesem c,, eine Glocke lässt denselben Ton vernehmen, ein
Violinspieler, ein Zitherspieler, ein Clavierspieler giebt dieses c, an und kónnen
wir, wenn wir einigermaassen geübt sind, alle diese »c,« als von einander ver-
schieden erkennen und kónnen sogar angeben, von welchem Organe und von
welchem Instrumente sie stammen. Worin liegt nun der Grund dieser Verschieden-
heit in dem, was wir »Klangfarbe«, in dem, was wir »Lichtfarbe« nennen:
Für das Letztere weiss man es lüngst. Das Prisma belehrt uns sofort, dass wenn
wir mit ihm die verschiedenen »Blau« untersuchen, ein verschiedenartiges Spek-
trum bei ihnen eintritt, Wir sind mittelst des Prismas im Stande, in objektiver
Weise ein Spektrum zu erzeugen, d. h. ráumlich auf einem Schirm oder auch
auf unserer Netzhaut nebeneinander die Componenten, welche sich bei der
Mischfarbe, die wir als dieses und jenes »Blau« bezeichnen, zusammenfinden, ab-
gesondert darzustellen. Das Auge für sich ohne Prisma vermag diese Compo-
nenten nicht zu erkennen, sondern muss den Gesammteindruck von diesem
und jenem Blau hinnehmen wie. er ist. Das Ohr befindet sich wohl häufig auch in
derselben Lage wie das Auge, nämlich dann, wenn die Componenten, die zu dem
am stärksten wirkenden Tone hinzutreten, zu schwach sind. Allermeistens aber
ist das Ohr bei aufmerksamer Beobachtung im Stande zu sagen: in diesem cy, von
der Violine angegeben, hóre ich noch ein 2, und ein e, mit u. s. w. Gelingt es
dem Ohre direkt nicht, die Componenten wegen ihrer zu geringen Stürke neben
dem Hauptton zu erkennen, so giebt es nach v. HELMHOLTZ ein Hauptmittel um
dies fertig zu bringen, nämlich die »Resonatoren«. Sie bestehen meistens in
einer Kugel aus Glas oder Metall, die an zwei diametral entgegengesetzten
Stellen offen ist. Je nach der Grósse dieser Kugel und je nach der Grôsse der
Oeffnungen, giebt das von ihr eingeschlossene Lufiquantum, wenn es mit dem
Munde oder einer Luftspalte angeblasen wird, einen bestimmten Grundton, der
selbst móglichst frei von Obertónen ist. Nehmen wir an, ein solcher Resonator
liefere beim Anblasen ein g, und wir hielten ihn bei der Untersuchung des oben
erwähnten e,, welches der Violinist anstreicht, vor unser Ohr. Was wird ge-
schehen? Der Resonator wird durch das leise im Tone ¢; mitklingende g, zum
Mittönen gebracht. Die Töne c, und die Componente e, dagegen veranlassen ihn
nicht zur Resonanz, und folgt hieraus nothwendig, dass diesen Tónen c, und e;
gegenüber die Componente g, in verstüárktem Maasse von uns wahrgenommen,
d. h. ihr Vorhandensein in unzweifelhafter Weise als Componente des Klanges vc,
erkannt wird.
Es muss bezüglich der Resonatoren hier auf einen Umstand aufmerksam
gemacht werden, dessen Nichtbeachtung zu wesentlich fehlerhaften Schlüssen
führen kann. Der Vorgang bei der Anwendung der Resonatoren ist der der