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Sphärische Aberration hôherer Ordnung. 113
am besten erreicht wird. Es thut mir leid, dass die Grenzen eines Briefes jetzt
grôssere Ausführlichkeit nicht gestatten; der scharfe Calcül lässt sich nichts ab-
streiten und bei einem vagen Raisonnement übersieht man leicht einen wesent-
lichen Umstand; allein für den Kenner werden diese Winke schon zureichen.
Allgemein finde ich, dass immer bei der vortheilhaftesten Stellung
des Oculars jenes Integral = 1£(1 — $? + 2p*) wird, wenn das Objectiv so
construirt ist, dass Strahlen aus der Entfernung p.A von der Axe sich mit dem
(oben sogenannten) Hauptbilde in einem Punkte vereinigen. Dieses ist ein Minimum
für y — V $ und ist dann = {5 £; fiir p=1 wäre es nur =, Z und für y
— unendlich klein — 1.£.«
Eine Ausführung der von Gauss angedeuteten Rechenoperationen veróffent-
lichte J. C. E. Scuurpr!. Zu dem gleichen Resultate wie GAvss kam BESSEL?)
und SCHEIBNERS); vergl. auch SCHLEIERMACHER*). In anderer Weise bestimmten
die Lage und Grosse des sphärischen Zerstreuungskreises KERBER*) und von
HOEGH°).
Wir haben wiederholt hervorgehoben, dass es zwecklos ist, Speculationen in
dieser Richtung zu weit zu treiben, so lange man nicht auch auf die Phase der
den Zerstreuungskreis schneidenden »Strahlen« d. h. Elementarwellen Rücksicht
nimmt. Die Aufgabe, die Helligkeitsvertheilung in irgend einer Einstellungsebene
eines mit spärischer Aberration behafteten Systems zu bestimmen, kommt in Wahr-
heit darauf hinaus: die Diffractionswirkung einer nicht spärischen, sondern nach
bestimmtem Gesetze paraboloidischen, begrenzten Wellenfläche festzustellen, ge-
hôrt also eigentlich nicht in das Gebiet der geometrischen, sondern der physischen
Optik. Die erstere kann nur die Unterlagen für die weitere Behandlung liefern.
Bei Systemen von relativ grosser Oeffnung, wie den photographischen (Por-
trät-) Objectiven und namentlich den Mikroskopen geniigt auch die Entwickelung
des zweiten und dritten Gliedes der sphärischen Aberration nicht, um die thatsäch-
lichen Verhältnisse selbst nur annähernd wiederzugeben. Eine Reihenentwickelung
bis zu noch hôheren Gliedern — und bei Mikroskopen würde sich dieselbe bis zu
sehr hohen erstrecken müssen — würde aber ganz unverháltnissmássig complicirte
Resultate liefern’), die keinerlei Uebersicht mehr gestatteten. In diesen Fällen
ist man daher darauf angewiesen, sich von der Art der Strahlenvereinigung in
einem gegebenen System dadurch zu überzeugen, dass man auf trigonometri-
schem Wege, gemäss den pag. 68/69 angegebenen Formeln eine genügende Anzahl
der vom Objektpunkte aus divergirenden Strahlen durch die einzelnen Flächen
verfolgt und so ihre Schnittpunkte mit der Axe nach der letzten Brechung be-
stimmt.
Die Einsicht, welche man auf diesem, gewissermaassen empirischen Wege in
die Wirkungsweise der einzelnen Flächen und der Combinationen von solchen
gewinnen kann, lässt sich natürlich sehr schwer weiter mittheilen, so dass
1) Lehrb. der analytischen Optik hrsg. v. GOLDSCHMIDT, Göttingen 1834, pag. 514 ff.
2) Astron. Unters,, Königsberg 1841, Bd. I.
3) Abh. d. Leipz. Akad. 11, pag. 559. 1876.
4) Analytische Optik, Darmstadt 1842, Bd. 1, pag. 14 u. 378 ff.
5) Centr.-Zeitg. f. Opt. u. Mech. 8, pag. 145. 1887; 10, pag. 147. 1889.
9) Zeitschr. f. Instrkde, 8, pag. 117. 1888; vergl dagegen CZAPSKI, ibid., pag. 203, und
MOSER, pag. 223.
7) Vergl. z. B. PETZVAL, Bericht über opt. Unters., Wiener Sitzber. 24, pag. 50. 1857,
welcher zur Berechnung des nach ihm benannten photographischen Portrütobjectives die Reihen-
entwickelung bis zum neunten Grade trieb,
WINKELMANN, Physik, 1I. 8