Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band, 1. Abtheilung)

    
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
    
Einleitung. 15 
näheren Natur des Lichts zur Grundlage der hierher gehörigen Untersuchungen 
genommen werden können und — in früheren Zeiten ebensowohl, als in der 
Gegenwart — mit Erfolg genommen worden sind. 
Diese allgemeinen Eigenschaften der Lichtbewegung lassen sich aus den 
Grundvorstellungen über die Natur desselben unter Zuhilfenahme einiger durch 
die Erfahrung dargebotener Hilfsprinzipien mathematisch streng ableiten und da- 
durch tiefer begründen. Sie lassen sich aber auch ohne weiteres als durch die 
Erfahrung gegeben ansehen und zum selbständigen Ausgangspunkt der Unter- 
suchung nehmen. 
Es sind dies die Gesetze 1) der geradlinigen Ausbreitung des Lichts; 2) der 
Unabhängigkeit der Theile eines Lichtbündels von einander; 3) das Gesetz der 
regelmässigen Zurückwerfung, Spiegelung, Reflexion und 4) das Gesetz der regel- 
mässigen Brechung (Refraction) des Lichts, 
Alle vier Gesetze beziehen sich nur auf die Richtung der Lichtbewegung, 
also eine rein geometrische Eigenschaft derselben. Die Anwendung dieser 
Gesetze auf die in der Natur sich darbietenden oder künstlich herstellbaren Com- 
binationen bildet den Gegenstand der »geometrischen Optik«. 
Die eigentlich so genannte geometrische Optik erstreckt sich jedoch nicht 
auf alle Erscheinungen des Lichts, soweit in ihnen blos Richtungsánderungen 
in Frage sind, sondern sie beschränkt sich auf diejenigen Fälle, in welchen die 
wirkenden Medien isotrop, unkrystallinisch, sind. 
Wenn nun aber auch die genannten Gesetze genügen, um auf ihnen ein sehr 
vollständiges System aufzubauen, d. h. ein solches, welches die beobachtbaren 
Erscheinungen sehr annähernd wiedergiebt, und gestattet, noch nicht beobachtete 
Erscheinungen richtig vorauszusagen, so werden wir doch der näheren Vorstellungen 
über die Natur des Lichts und deren Consequenzen auch im Verfolge des hier 
ins Auge getassten beschränkteren Untersuchungsgebietes nicht entrathen können. 
Es hat öfters zu Irrthümern geführt, dass man die Gesetze der geometrischen 
Optik über diejenigen Grenzen hinaus, in welchen sie durch die Erfahrung be- 
stätigt oder durch die strengere Theorie gestützt waren, anwandte; namentlich 
eine vollständige Theorie der optischen Instrumente und der meteorologisch-op- 
tischen Erscheinungen lässt sich nur durch Rückgreifen auf die Begriffe der Un- 
dulationstheorie gewinnen; und es wird in jedem Falle gut sein, sich zu verge- 
wissern, wie weit die aus den einfachen Vorstellungen gezogenen Folgerungen 
in der strengen Theorie noch eine Stütze finden, wenn man die geometrische 
Optik als physikalische Disciplin und nicht als ein blosses Uebungsfeld der 
Mathematik behandeln will. 
Diesem Standpunkte gemäss sollen des weiteren auch im Folgenden ausser 
den allgemeinen Beziehungen, welche aus den Grundgesetzen abgeleitet worden 
sind, nur solche Consequenzen derselben behandelt werden, welche entweder 
zum Verstündniss wichtiger Naturerscheinungen oder dem der optischen Instru- 
mente nóthig sind. — 
Das Gesetz der Ausbreitung des Lichts in geraden Strahlen ist 
ebensowenig, als eines der anderen Grundgesetze der Physik, aus einzelnen, 
eigens hierzu angestellten Beobachtungen geschlossen worden, noch ist es durch 
solche überhaupt streng beweisbar. Es nimmt seine Gewissheit, gerade so wie 
die Grundgesetze anderer physikalischer Disciplinen, aus der Uebereinstimmung 
der aus ihm gezogenen Folgerungen mit der Erfahrung. Ueberall im gewóhn- 
lichen Leben, und in aller Strenge in der praktischen Astronomie und Geoäsie, 
wird auf die unbedingte Giltigkeit dieses Gesetzes gebaut und wird umgekehrt
	        
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