392 Spectralanalyse.
VAN DER WiLLIGEN !, PrLOCKER?) ANGSTRÓM erkannte, dass man dabei die Linien
der Metalle und der Gase erhalte, durch welche der Funke geht; er sprach so-
gar aus, dass leuchtende Dàmpfe gerade die Linien absorbiren müssten, welche
sie selbst emittiren, und deutete auf die Aehnlichkeit der Metallspectren und
des Sonnenspectrums hin. PLÜCKER benutzt GEISSLER’sche Röhren und macht
ganz zuverlässige Angaben, hält aber auch noch das Sonnenspectrum für ein
discontinuirliches Emissionsspectrum. — Endlich wäre noch zu erwähnen, dass
auch BALFOUR STEWART®) wiederholte, die leuchtenden Dämpfe absorbirten das-
selbe Licht, welches sie emittiren, ohne dass er berücksichtigte, dass die Tempe-
ratur die gleiche sein müsse.
Auf diesem Standpunkte lagen die Kenntnisse, als KirRcHHOFF und BUNSEN
eingriffen; es waren zahlreiche Thatsachen bekannt, die theils richtige, theils
falsche Deutungen gefunden hatten; viele hatten sich der Wahrheit genáhert, ohne
sie zu erreichen, und Niemand hätte aus den vorliegenden Publicationen irgend
sichere Schlüsse darüber ziehen können, wo die Wahrheit liege.
KincHHOFF und BUNSEN*) sprachen zuerst bestimmt aus, dass 1) jeder feste
Körper beim Glühen ein continuirliches Spectrum emittire, dass 2) die Gase und
Dämpfe ein discontinuirliches Spectrum geben, welches für jedes Element ein
besonderes charakteristisches und unveränderliches sei. Das Spectrum sei von
Temperatur und Druck fast unabhängig, so dass alle Flammen von derselben
Substanz im Wesentlichen dasselbe Spectrum lieferten. Durch diese beiden
Sätze war die Emissionsspectralanalyse geschaffen. Gleichzeitig bewies KIRCH-
HOFF*) ‘sein Gesetz über das Verhältniss zwischen Emission und Absorption,
welches aussagt, dass für jede Substanz bei gegebener Temperatur das Emissions-
vermögen für jede Wellenlänge proportional sei dem Absorptionsvermögen für
dieselbe Wellenlänge, und dass der Proportionalitätsfaktor gleich dem Emissions-
vermögen eines absolut schwarzen Körpers von gleicher Temperatur für dieselbe
Wellenlänge sei. Dadurch waren die Absorptionsspectra auf die gleiche Stufe
gestellt, sie wurden ebenso zur Analyse verwendbar, wie die Emissionsspectra.
KigcHHOFF und BUuNSEN stellten darauf die Spectra einer grossen Anzahl von
Elementen fest und entdeckten deren zwei, das Rubidium und Càisium, dadurch
die grossen Vortheile der neuen Methode erweisend. Es folgte in den náchsten
Jahren die Entdeckung des Thallium durch Crookkes®), des Indium durch REICH
und RicHTER") des Gallium durch LECOQ DE BOISBAUDRANS). dann bis in die
letzte Zeit reichend die Auffindung einer grossen Anzahl von seltenen Erden,
deren Salze durch Absorptionsspectra ausgezeichnet sind. — Gleichzeitig hatte
KircHHOFFY) eine genaue Zeichnung des Sonnenspectrums begonnen und zu
deren Verwerthung die Funkenspectra der Elemente untersucht, wodurch er in
die Lage kam, ganz neue Anschauungen über die Constitution der Sonne aus-
zusprechen, und die Anwesenheit einer ganzen Anzahl von Elementen in der
1) VAN DER WILLIGEN, Pocc. Ann. 106 u. 107. 1859.
2) PLÜCRER, POGG. Ann. 107. 1859.
3) BALFOUR STEWART, Phil. Mag. (4) 20. 1860.
4) KIRCHHOFF und BUNsEN, PoGG. Ann. 110.
Ann. 173. 1861.
5) KIRCHHOFF, Abhandl. d. Berl. Akad. 1861.
6) CROOKES, Phil. Trans. 153. 1863.
7) REICH und RICHTER, Journ. f. pr. Chem. 81. 1863.
8) LECOQ DE BOISBAUDRAN, Compt. rend. 8r. 1875.
9) KIRCHHOFF, Abhandl. d. Berl. Akad. 1861.
1860; PocG. Ann. 111. 1861; Pocc.