Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band, 1. Abtheilung)

    
   
  
   
   
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
   
  
  
  
  
   
  
  
  
  
   
   
  
  
  
   
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Chemische Wirkungen des Lichtes, 
Chemische Wirkungen des Lichtes. 
Die durch das Licht veranlassten chemischen Veränderungen bezeichnet man 
als photochemische Processe; damit das Licht eine chemische Wirkung aus- 
übe, muss es absorbirt werden. Weil in vielen Fällen die am stärksten brech- 
baren Strahlen sich durch eine starke chemische Wirkung auszeichnen, werden 
diese häufig speciell als die »chemisch wirksamen Strahlen« bezeichnet im 
Gegensatz zu den übrigen Strahlen, denen diese Eigenschaft abgehen soll. Diese 
Unterscheidung ist aber unzulässig, weil alle Strahlen im Stande sind, photo- 
chemische Processe zu veranlassen. Da die Wirkung durch die Absorption be- 
dingt ist, so hängt eben diese Wirkung nicht allein von der Natur der Strahlen 
sondern ebenso von der Natur des Körpers ab, auf den die Strahlen wirken 
sollen. — Durch die neuern Untersuchungen von H. W. VocEL?) und J. M. EDER?) 
ist festgestellt, dass ausser der Absorption des lichtempfindlichen Körpers selbst 
auch die Absorption von beigemengten Stoffen für den photochemischen Process 
von grosser Wichtigkeit werden kann. Die Silberverbindungen von Chlor, Brom 
und Jod, die als solche für die gelben und rothen Strahlen fast unempfindlich 
sind, können durch. beigemengte Stoffe, die die genannten Strahlen absorbiren, 
viel lichtempfindlicher gemacht werden; man nennt solche Körper, welche die 
Lichtempfindlichkeit zu steigern vermögen, Sensibilisatoren; durch Zusatz 
von Eosin, Erythrosin, Naphtolblau, Cyanin, Coerulein kann man photographische 
Platten tür Grün, Gelb, Roth und sogar Ultraroth empfindlich machen. 
Die Wirkung des Lichtes auf die Körper kann sich in verschiedener Weise 
äussern; das Licht kann hervorbringen 1) Verbindung, 2) Zersetzung, 3) Mole- 
kularveränderungen. 
1) Verbindung. Chlor und Wasserstoff vereinigen sich im Licht zu Chlor- 
wasserstoffsäure, während sie im Dunkeln getrennt bleiben. Bei Einwirkung von 
direktem Sonnenlicht erfolgt die Verbindung so heftig, dass Explosion eintritt; 
je schwächer das wirksame Licht ist, um so langsamer vereinigen sich die beiden 
Gase?) Sobald Chlor vom Licht bestrahlt wird, tritt das Bestreben, sich mit 
Wasserstoff zu verbinden, so stark auf, dass es oft Wasserstoff aus andern Ver- 
bindungen ausscheidet, um sich selbst damit zu verbinden. Chlorwasser wird 
deshalb unter Einwirkung von Licht in Salzsäure und Sauerstoff zersetzt. Auch 
Bromwasser wird zersetzt, aber viel langsamer als Chlorwasser*); Jodwasser wird 
dagegen durch das Licht nicht chemisch verändert. 
2) Zersetzung. Zu den chemischen Zersetzungen, welche das Licht be- 
wirkt, sind die schon genannten (Chlorwasser und Bromwasser) zu rechnen. 
Aus wässerigen Lösungen von Jodkalium, Jodcadmium und Jodlithium wird bei 
Gegenwart von Säuren — Salzsäure und Schwefelsäure sind wirksamer als organi- 
sche Säuren — durch die Einwirkung des Lichtes Jod frei, — 
  
1) H. W. VOGEL, PoGG. Ann. 153, pag. 218. 1874; die Photographie farbiger Gegenstände, 
Berlin bei Oppenheim 7885. 
2) J. M. EDER, Wiener Ber. 90. 1884; 92. 1885; 94. 1886. 
8) Es ist übrigens zu bemerken, dass, wenn die beiden Gase trocken sind, bei wenig in- 
tensiven Lichtquellen überhaupt keine Vereinigung derselben eintritt. Vergl. die später ange- 
gebenen Beobachtungen von PRINGSHEIM. 
4) J. M. EDER. Wiener Ber. 92. 1885. 
  
  
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