Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band, 1. Abtheilung)

    
  
  
  
   
Uebersicht der geschichtlichen Entwickelung der Interferenzerscheinungen. SII 
und beschrieben, ohne die Erklirung desselben geben zu kónnen. — Im 
Jahre 1858 hat BILLET die Anwendung der Halblinsen und Jamin in seinem Cours 
de physique die háufig nach FizEAU benannten gleichen gegen einander geneigten 
Glasplatten zur Erzeugung von Interferenzerscheinungen angegeben, welche denen 
der FaEsNEUschen Spiegel ähnlich sind. — Von A. A. MICHELSON rührt die An- 
gabe mehrerer neuer Erscheinungen her. Er hat 1881 einen Versuch beschrieben, 
bei welchem die durch Reflexion und Durchgang in einer Glasplatte getrennten 
Strahlenbündel von senkrecht gegen sie gestellten Spiegeln zurückgeworfen und 
zum Zusammenwirken gebracht werden. Bei einem andern 1886 in Gemein- 
schaft mit MonLEv angewandten Verfahren werden die Spiegel nicht senkrecht 
gegen die auffallenden Strahlenbündel, sondern so gestellt, dass diese nach der 
Reflexion parallel zu einander verlaufen; ein Reflexionsprisma lenkt dann jedes 
auf die Bahn des andern hinüber, sodass die beiden Bündel von der Trennung 
bis zur Wiedervereinigung denselben Weg in entgegengesetzter Richtung durch- 
laufen. Auch eine Modifikation des FRESNEL’schen Spiegelversuchs Lat MICHEL- 
SON 1890 angegeben, bei welcher die Spiegel nahe senkrecht zu einander auf- 
gestellt werden. — Fine der BREWSTER'schen Interferenzerscheinung nahe ver- 
wandte, bei welcher die beiden Platten einen beliebigen Winkel bilden können, 
aber die Halbirungsebene desselben durch die von der einen zur andern Platte 
gehenden Strahlen nahe senkrecht getroffen werden muss, hat O. LUMMER 1885 
behandelt. — In der letzten Zeit endlich (1890) ist durch O. WIENER eine ganz 
neue, von den bisher bekannten wesentlich verschiedene Klasse von Interferenz- 
erscheinungen aufgefunden worden, die nicht wie die bisherigen von nahe in der 
gleichen Richtung sich bewegenden Strahlen, sondern von gerade entgegen- 
gesetzten erzeugt werden, und die man als stehende Lichtschwingungen bezeichnen 
kann. 
Von Bearbeitungen früher entdeckter Erscheinungen sind ausser den bereits 
angeführten noch die folgenden zu nennen. TALBOT hat 1836 die HERsCHEL'schen 
Streifen, BREWsTER 1838 die Interferenzen gemischter Bláttchen untersucht; DE 
LA PROvOsTAYE und DEsarNs haben 1849 die Verbreiterung der NEwTON'schen 
Ringe mit Vergrôsserung des Einfallswinkels gemessen, QUINCKE hat 1867 den 
JAMIN’schen Interferentialrefractor und 1871 FRESNEL's Drei-Spiegel-Versuch und 
den LLoyp’schen Versuch bearbeitet, MASCART hat 1871 eine zusammenfassende 
Abhandlung veröffentlicht, darin u. A. auch die: HAIDINGER’schen Ringe behandelt, 
die LUMMER 1884 nochmals eingehender bearbeitet hat. L. SOHNCKE hat 1881 
eine sorgfältige Experimentaluntersuchung über die NEwToN'schen Ringe, 1883 
eine solche über die Streifen keilfôrmiger Blättchen erscheinen lassen. 
In der theoretischen Erklärung unserer Erscheinungen hat man sich lange 
mit dem Grad der Annäherung an die Wirklichkeit begnügt, welchen die ersten 
Begründer der Interferenztheorie, YouxG und FRESNEL, inne gehalten hatten. Da 
es aber dann nicht möglich ist, manche selbst bei einer oberflächlichen Beob- 
achtung in die Augen fallenden Eigenthümlichkeiten der Erscheinungen abzuleiten, 
so hatte man gewisse vermeintliche »experimentelle Thatsachen« aus den Beob- 
achtungen als weitere Grundlagen für die Erklärungen entnommen oder auch 
wohl plausibel erscheinende Annahmen über den Verlauf der zusammenwirken- 
den Strahlen ohne nàáhere Begründung gemacht. Dabei hatte man aber fehl. 
gegriffen, indem man Wahrnehmungen, die nur in besonderen Fällen. richtig 
waren, verallgemeinerte, und. so ein unrichtiges in sich widerspruchs volles Bild 
geschaffen, das einen genaueren Vergleich mit der Natur nicht ertragen konnte. 
Manche so erhaltene Vorstellung, z. B. die, dass der Ort der Streifen dünner 
    
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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