Das natürliche und partiell polarisirte Licht, 639
geschwindigkeit vor sich gehe, dass also in dem betrachteten Beispiel % sehr
klein gegen ZV sei, da in diesem Falle die Homogenität des Lichtes wenigstens
sehr annähernd erhalten bleibt.
Dass nun in der That diese Annahme berechtigt ist, haben FızEAU und
FOUCAULT!) gezeigt, welche durch spectrale Zerlegung der von einem FRESNEL-
schen Spiegel hervorgebrachten Interferenzfigur noch Interferenzen bei einem
Gangunterschied von 4000 Wellenlängen beobachteten.
Noch in anderer Weise hat FizEAU?) gezeigt, dass bei einer Phasendifferenz,
wie sie 50000 Wellenlängen entspricht, noch die Interferenzen ganz ungestört
auftreten. Er beobachtete die Ringe eines NEwToNn’schen Farbenglases, welches
durch eine Flamme beleuchtet war, die ein Gemisch von vier Theilen rektifi-
cirten käuflichen Methylalkohols mit einem Theil absoluten Alkohols lieferte.
Die geringe Menge des in beiden vorhandenen Kochsalzes färbte die Flamme
rein gelb, so dass in ihr nur die D-Linie, welche im wesentlichen aus zwei ver-
schiedenen Wellenlängen besteht, auftrat. Durch Vergrösserung des Abstandes
wanderten die Ringe und die Zahl der durch eine bestimmte Marke hindurch-
gegangenen Ringe giebt direkt die Vergrösserung des Gangunterschiedes der beiden
an der Vorder- und Rückfläche der Luftschicht reflektirten, zur Interferenz ge-
langenden Lichtstrahlen in Wellenlängen an. Betrug dieselbe 500 Wellen-
lüngen, so verschwanden die Ringe, weil die dunkeln Stellen der von dem einen
Bestandtheil der D-Linie gelieferten Interferenzfigur auf die hellen Stellen der von
dem anderen Bestandtheil der 2-Linie gelieferten Ringe fallen. Bei 1000 Wellen-
lingen Gangunterschied waren die Interferenzen wieder sehr deutlich. FIZEAU
konnte 52 Reihen deutlicher Ringe vorübergehen lassen, ohne dass die Inter-
ferenzen aufhörten.
Hieraus ist also zu schliessen, dass, falls wirklich das natürliche Licht in
einer Succession verschiedener Schwingungszustände besteht, dieselben so lang-
sam vor sich gehen, dass in einem Zeitraum, welcher grösser als 50000 Schwin-
gungsdauern ist, das Licht noch als wesentlich von einerlei Schwingungsart an-
zusehen ist. Der Zeitraum von 50000 Schwingungsdauern hat ungefähr den
Werth 2:10—15 ser.
Ist daher dies eine untere Grenze für die Dauer der Constanz des Schwingungs-
zustandes natürlichen Lichtes, so kann man auch eine obere für dieselbe an-
geben, innerhalb deren also das natürliche Licht seinen Schwingungszustand
schon oft gewechselt haben muss. Mit Hilfe der HERTZ'schen Versuchsanordnung
kann man die Dauer einer einzelnen elektrischen Entladung unter den Werth
2:10-? sec herabdrücken. Würde das von einer solchen Entladung herrührende
Licht keine nachweisbaren Spuren von Polarisation enthalten, so würde 2:10—? sec
ein Werth für jene obere Grenze sein. — Diesbezügliche Versuche sind bei
diesen schnellen Entladungen noch nicht angestellt.
Ein Vibrationssystem, welches einer oder mehreren der Gleichungen (10)
nicht genügt, entspricht dem sogen. partiell polarisirten Licht. Es lassen
sich stets zwei Richtungen x und y, welche senkrecht zur Fortpflanzungsrichtung
liegen, auffinden, für welche die zweite jener Gleichungen erfüllt ist. Die nach
diesen Richtungen genommenen Componentensummen Z4? und XJ? sind ein
Maximum resp. Minimum. Die Differenz EA? — X? wird als Quantum des
!) FIZEAU und FOUCAULT, Ann. de chim. et de phys. (3) 26, pag. 138. 1849.
2) Fizeau, Ann. de chim. et de phys. (3) 66, pag. 429. 1862, PoGG. Ann. 119,
pag. 87. 1863.