674 Theorie des Lichtes für durchsichtige Medien.
Medien an, in welcher sich e unendlich schnell ändert, so erhält man bei Eli-
mination der magnetischen Kräfte ausser Transversalwellen auch Longitudinal-
wellen, deren Fortpflanzungsgeschwindigkeit umgekehrt proportional ist zu dem
Differentialquotienten der Dielectricitátsconstanten nach der Grenznormale. Bei
unendlich dünner Grenz- oder Uebergangsschicht wird also die Fortpflanzungs-
geschwindigkeit zu Null.
Da die Hauptgleichungen (11) der elektromagnetischen Theorie insofern
sehr vollstindig sind, als sie auch für inhomogene Medien gelten, so müssen
sich nach der oben pag. 642 gemachten Bemerkung die Grenzbedingungen (12)
direkt aus den Hauptgleichungen (11) ergeben. Dies ist nun in der That auch
der Fall, denn, falls die z-Axe normal zur Grenze steht, müssen auch in der
0X. 0V 07 60M
Uebergangsschicht ——, 2—, 3. 37 endliche Werthe behalten, falls die linken
02! 02.02! 0
Seiten der Gleichungen (11) endlich bleiben sollen. Daraus folgt direkt die
Stetigkeit von .X, Y, L, 74 beim Durchgang durch die Grenze. — Es mag
schliesslich hervorgehoben werden, dass die Grenzbedingungen (12) mit dem
Energieprincip im Einklang stehen, sodass der Uebergang einer elektromagneti-
schen Stórung, d. h. auch einer Lichtbewegung, über die Grenze zweier ver-
schiedener Medien nie von einem Energieverlust begleitet ist!).
Theorie der anomalen Dispersion.
Il Die mechanischen Theorien.
In dem vorigen Kapitel sind einige Versuche erwühnt, die Erscheinung der
Dispersion theoretisch zu erklären und Formeln aufzustellen, welche zu jedem
Werthe der Schwingungsdauer 7'den zugehórigen Brechungsexponenten 7 eines
Mediums gegen den leeren Raum zu berechnen erlauben. Die allgemeinste
Formel (z. B. nach Brior) ist:
C D
H4 AD En
wobei die 4, 2, C, D . . . Constanten des betreffenden Mediums sind. Wenn
auch durch diese Formel, wie KETTELER?) zeigte, bei normaler Dispersion stets
gute Uebereinstimmung zwischen Rechnung und Beobachtung zu erzielen ist,
wobei zu bemerken ist, dass sámmtliche Coéfficienten À, B, .. sich als positiv
herausstellen, so versagt dieselbe doch durchaus für gewisse Medien, bei welchen
4 mit abnehmendem 7 nicht beständig wächst. Diese Medien pflegt man anomal
dispergirende zu nennen.
Da die Erfahrung lehrt, dass die anomale Dispersion stets von Absorbtion
begleitet ist, so machte O. E. MEvER?) einen Versuch, durch Einführung von
Reibungsgliedern in den Hauptgleichungen eine Formel für 7 zu gewinnen, welche
sich besser der Erfahrung anschliesst. Er erhielt das Resultat, dass z mit ab-
nehmendem 7 abnimmt. Wenn dieses auch dem Verhalten der Metalle zu ent-
sprechen scheint, so widerstreitet doch das andere Resultat MEVER's der Er-
fahrung, dass die Absorption mit abnehmendem 7° wächst. Denn demnach
müssten alle Metalle im durchgehenden Lichte roth gefärbt erscheinen, was
durchaus nicht der Fall ist.
Mevkr’s Theorie unterscheidet sich insofern noch wenig von den meisten
1) Vergl. H. HERTZ, pag. 4, 1. C.
?) E. KETTELER, Theoret. Optik, pag. 547. Braunschw. 1885
3) O. E. MEYER, PoGG. Ann. 145, pag. 8o. 1872.
LIT
ET