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708 Doppelbrechung.
Eine Prüfung der Gesetze der Doppelbrechung einaxiger Krystalle mit Hilfe
der Prismenmethode hat SwAN!) ausgeführt, welcher constastirte, dass ein be-
liebig orientirtes Kalkspathprisma für den Brechungsexponenten der ordinären
Welle einen constanten, um höchstens zwei Einheiten der fünften Decimale
variirenden Werth ergab. — Auf dem oben angedeuteten Weg (mit Benutzung
mehrerer an einem Krystall angeschliffener Kanten) haben STOKES?), ABRIA?),
GLAZEBROOK#) und Hastings®) die HuvGens'sche Construction am Kalkspath
(ABRIA auch am Quarz) bestätigt gefunden. HASTINGS schliesst aus seinen Ver-
suchen, dass die Bestätigung bis zu einer Genauigkeit von 1 auf 500000 er-
wiesen ist.
Eine Verifikation der FaEsNEL'schen Gesetze für zweiaxige Krystalle ist von
RUDBERGS) ausgeführt, welcher an Prismen von Aragonit und Topas, deren
Kanten einer Symmetrieaxe parallel lagen, die Constanz des Brechungsexponenten
der senkrecht zur Prismenkante polarisirten gebrochenen Welle für alle Einfalls-
winkel beobachtete. Was das Verhalten der zweiten, senkrecht zu der ersteren
polarisirren Welle anbelangt, so fand GrazEBROOK') an Aragonitprismen das
FresneL'sche Gesetz sehr nahe erfüllt, die geringen Abweichungen davon sind
durch andere Beobachtungen (Totalreflexion und Axenwinkelmessung) nicht
bestütigt, sodass sie vielmehr durch ungenügend genaue Orientirung der Prismen
zu erklären sind.
Die Beobachtung der Ablenkung der Lichtstrahlen durch ein doppelbrechendes
Prisma lässt sich ferner zu einer genauen Bestimmung der optischen
Constanten eines Krystalls benutzen, falls man das FRESNEL’sche resp.
HuvcENS'sche Gesetz als gültig annimmt.
Betrachten wir zunächst die Fälle, in welchen die Lage der optischen
Symmetrieaxen zum Prisma bekannt ist und es sich nur um die Bestimmung
von (im allgemeinsten Falle) drei Constanten, z. B. der Fortpflanzungsgeschwindig-
keiten in der Richtung der Symmetrieaxen, handelt. Wir wollen diese Geschwindig-
keiten die Hauptlichtgeschwindigkeiten nennen. Die Quadrate derselben sind
durch die in der Gleichung (8) auf pag. 689 der Normalenfläche auftretenden
Constanten a, b, c gegeben.
Handelt es sich zunächst um einaxige Krystalle, so sind zwei
jener Constanten, z. B. a und 5, einander gleich. Ihr Wert ist gleich dem
Quadrat der Fortpflanzungsgeschwindigkeit der ordinären Welle. Man erhält
dieselbe nach den Formeln (40) und (41) dieses Abschnittes, wenn man drei
der vier Winkel 7, ;', 4, D beobachtet. — Nach denselben Formeln erhält man
die Fortpflanzungsgeschwindigkeit ¢ der extraordinären Welle. Nach der
Gleichung (8) auf pag. 689 der Normalenfliche ist nun
e? — acosd + c sin? 8, (46)
wo 9 die Neigung der Wellennormale gegen die optische Axe bedeutet. Zur
1 W, SwaN, Trans. Edinb. Roy. Soc 16, pag. 375. 1847.
3) G. G. STOKES, Rep. of the Brit. Assocc. 1862, pag. 272; Compt. rend. 77, pag. 1150.
1872; Phil. Mag. (4) 44, pag. 311. 1872.
3) ABRIA, Comp. rend. 77, pag. 814. 1873; 79, pag. 1253. 1874; 80, pag. 826. 1875;
Ann. d. chim. et de phys. (5) I, pag. 289. 1874.
4) R. T. GLAZEBROOK, Lond. Philos. Trans. 2, pag. 421. 1880.
8) Ch. S. HASTINGS, Amer. Journ. of Science (3) 35, pag. 60. 1888.
6) J. RUDBERG, PoGG. Ann. 17, pag. I. 1828.
7) R. T. GLAZEBROOK, Proc, Roy. Soc. 27, pag. 496. 1878; Philos. Trans. 1879, 1,
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