Beliebige Orientirung des Prismas.
der Ablenkungen zur Berechnung der Hauptlichtgeschwindigkeiten ausreicht, derart,
dass die zugehórigen Einfallswinkel nicht gemessen zu werden brauchen. Ein be-
liebig orientirtes Prisma eines zweiaxigen Krystalls liefert keine praktisch verwerth-
baren Resultate!). Zweckmüssiger legt man die Querschnittsebene des Prismas
in eine optische Symmetrieebene. Der Centralschnitt der Normalenfläche zerfällt
dann in einen Kreis und ein Oval. Die nach der Querschnittsebene polarisirte Welle
von constanter Geschwindigkeit liefert eine Hauptlichtgeschwindigkeit und die
Bestimmung des Minimums der Ablenkung der parallel zur Prismenkante polarisirten
Welle von veründerlicher Geschwindigkeit ergiebt eine zuerst von STOKES?) aufge-
stellte Relation zwischen den beiden anderen Hauptlichtgeschwindigkeiten. Zur
vollständigen Bestimmung der letzteren muss man zwei Werthepaare (v, sy) für zwei
parallel zur Prismenkante polarisirte Wellen kennen, man wird jedoch, um den
Einfluss der Beobachtungsfehler zu verkleinern, eine gróssere Reihe von Mes-
sungen anstellen, aus jeder die zugehórigen Werthe von ®, ¢ und dann nach
der Methode der kleinsten Quadrate die Hauptlichtgeschwindigkeiten berechnen.
Dies Verfahren ist von v. Lac?) am Gyps und von Born?) am Anglasit
durchgeführt.
Fällt ausserdem die Halbirungsebene des Prismenwinkels in eine optische
Symmetrieebene, so erhält man durch Beobachtung der Minimalablenkungen
zwei Hauptlichtgeschwindigkeiten direkt nach analogen Formeln, wie sie für
isotrope Medien gültig sind. Zur Berechnung der dritten Hauptlichtgeschwindig-
keit muss man an demselben Prisma noch ein zusammengehöriges Werthepaar
(o, 4) ermitteln.
Lassen wir die Voraussetzung fallen, dass die Lage der Prismenflichen gegen
die optischen Symmetrieaxen bekannt sei, so erhebt sich die Frage, ob an
einem einzigen beliebig orientirten Prisma eines optisch zweiaxigen Krystalls so-
wohl die Werthe der Hauptlichtgeschwindigkeiten, als die Lage der optischen
Symmetrieaxen aus dem Prismenwinkel 4 und mehreren zu einem Centralschnitt
der Normalenfliche zugehórigen Werthepaaren w, 4 berechnet werden kónnen.
Sechs solcher Werthepaare genügen in der That zu dem Zweck, da es sich
um die Bestimmung von sechs unbekannten Constanten handelt, indess lassen sich
durch einen auf diese Weise durch die Beobachtung bestimmten Centralschnitt
der Normalenfläche, wie Bmr.L?) gezeigt hat, im Allgemeinen zwei reelle, ver-
schiedene Normalenflichen legen, sodass also die Lósung der vorliegenden Auf-
gabe im Allgemeinen zweideutig ist. Die beiden Normalenfláchen unterscheiden
sich lediglich hinsichtlich der mittleren Hauptlichtgeschwindigkeit, während die
Werthe der kleinsten und grössten Hauptlichtgeschwindigkeit übereinstimmen.
Sie fallen nur dann zusammen, wenn die Prismenkante anf einer optischen Axe
senkrecht steht5).
Durch die hier besprochenen Beobachtungsmethoden werden die auf die
gebrochene Wellennormale bezüglichen Bestimmungsstücke o und d ermittelt.
1) Betreffs gewisser Näherungsformeln vergl. Vorlesungen über theoretische Optik von
F. NEUMANN, herausgeg. von E. DORN. Leipzig 1885, pag. 211.
2) G. G. Stokes, Math. and. Phys. Paper. 1, pag. 148. Cambridge 1880.
3) V. v. LANG, Wien. Ber. (2) 76, pag. 793. 1877.
4) M. Born, lL c.
5) A. BRILL, Sitz.-Ber. der bayr. Acad. 1883. pag, 423, Math. Ann. 34, pag. 297. 1889.
6) H. DurET gab in J. de Phys. (2) 1o, pag. 171. 1891 ein Verfahren an, um die optische
Orientirung eines triklinen Krystalls aus den Winkeln zu bestimmen, welche die Normale zweier
Flüchen desselben mit den cptischen Axen einschliesst.