Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 2. Band, 1. Abtheilung)

   
  
  
Doppelbrechung. 
III. Interferenzerscheinungen im polarisirten Licht. 
Die Interferenzerscheinungen, welche planparallele Platten doppelbrechender 
Krystalle in senkrecht einfallendem polarisirten Lichte zeigen, wurden von AnaAco!) 
entdeckt und bald darauf von BrioTr?) auf experimentellem Wege eingehend unter- 
sucht. Nach missglückten Versuchen von ihm, die Erscheinungen nach den 
Vorstellungen der Emissionstheorie zu erklüren, versuchte YouwG?) dasselbe 
nach der Undulationstheorie. Indem er Brior's numerische Resultate benutzte, 
fand er die bemerkenswerthe 'lThatsache, dass, falls ein Krystallblättchen im 
polarisirten Lichte und eine dünne Luftlamelle im durchgehenden Lichte dieselbe 
Farbe zeigen, ihre Dicken in solcher Beziehung stehen, dass der Gangunter- 
schied des ordinüáren und extraordinüren Strahles beim Austritt aus dem Krystall- 
blättchen gleich ist dem Gangunterschied der beiden interferirenden Strahlen 
der Luftlamelle, von welchen der eine direkt durch die Lamelle gegangen ist, 
während der andere im Innern derselben zwei Reflexionen erlitten hat. YouNc 
suchte so die Erscheinungen der chromatischen Polarisation auf die der Inter- 
ferenz zurückzuführen, doch erkannte er selbst das Unvollkommene seiner Theorie, 
da sie nicht zu erklären vermochte, warum die Farbenerscheinungen dünner 
Krystallplatten nur im polarisirten Lichte und bei Zurückführung auf eine 
Polarisationsebene eintreten. Die vollständige Erklärung hierfür gab FRESNEL*) 
auf Grund der von ihm in Gemeinschaft mit ARAGO entdeckten Gesetze der 
Interferenz polarisirten Lichtes (cf. oben pag. 633). 
Einen Theil der überaus mannigfachen Interferenzerscheinungen, welchen 
Platten doppelbrechender Krystalle im convergenten polarisirten Lichte zeigen, 
hat BREwSTER®) entdeckt. Nachdem es Aıry®) gelungen war, diese Erscheinungen 
für Platten einaxiger Krystalle, welche senkrecht zur optischen Axe geschliffen 
sind, zu eıklären, entwickelte F. NEUMANN”) eine allgemein gültige Theorie dieser 
Interferenzerscheinungen. Speciell für einaxige Krystalle sind dieselben von 
Oum?®), FREyss und SCHLAGDENHAUFFEN”), FriEss ©), für zweiaxige Krystalle von 
ZECH!!) und LOMMEL!?) mit gewissen Annàherungen berechnet. 
Einheitliche Gesichtspunkte für eine übersichtliche geometrische Deutung 
der NEuMANN'schen Formeln wurden von BrnrIN!?) durch Einführung der Ober- 
1) F. ARAGO, Mém. de la Cl. des scienc. math. et phys. de l'inst. Année 1811, 12, 
pag. 93. 1812; Oeuvr. compl. 10, pag. 36. — GILBERT'S Ann. de Phys. 40, pag. 145. 1812. 
7) Eine Zusammenstellung der Ergebnisse dieser Untersuchungen findet sich in J. B. Bror, 
Traité de phys. 4, 1816. 
3) Young, Quaterly Review 11, pag. 42. 1814; Miscell Works r, pag. 269. 
4) A. FRESNEL, Ann. de chim. u. de phys. (2) 17, pag. 102, 167. 1821; Oeuvr. compl. I, 
pag. 609; PoGG. Ann. 12, pag. 336. 1828. 
5) D. BREWSTER, Treatise on New Philosophical Instruments, Edinb. 1813, pag. 336. — 
Phil. Trans. 1814, pag. 187; 1818, pag. 190. 
6) G. B. Army, Trans. Cambr. Phil Soc. 4, pag. 79, 198. 1833; Pocc. Ann. 23, 
pag. 204. 1831. 
7) F. NEUMANN, PoGG. Ann. 33, pag. 257. 1834. 
8) G. S. OHM, Münch. Abh. 7, pag. 43, 265. 1853. 
9) FREYSS und SHLAGDENHAUFEN, PoGG. Ann. 1I2, pag. 15. 1861. 
10) J, Friess, Progr. d. k. k. Staatsoberrealschule zu Olmiitz 1876/77; WIED. Ann. 3 
pag. 90. 1884. 
1!) ZECH, POGG. Ann. 102, pag. 354. 1857. 
12) E. LOMMEL, PoGG. Ann. 120, pag. 69. 1863. 
13) A. BERTIN, Ann. de chim. et de phys. (3) 63, pag. 57. 1861; (6) 2, pag. 485. 1884. 
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