Theorie von CAUCHY.
Die nüchste Aufgabe zur numerischen Berechnung der Erscheinungen war
daher jetzt, die Werthe des Intensitütsverhültnisses und des Gangunterschiedes
als Function des Einfallswinkels zu ermitteln. NEUMANN stellte Formeln hierfür
auf, welche jedoch nicht von einer strengeren theoretischen Grundlage aus,
sondern. nach Analogie der Formeln für Totalreflexion, welche ja der Metall-
reflexion in mancher Hinsicht áhnlich ist, gebildet waren. Die NEUMANN'schen
Formeln!) sind daher mehr als Interpolationsformeln anzusehen, die allerdings
die Beobachtungen mit einer gewissen Annäherung darstellten, jedoch nicht
einen Schluss auf andere optische Vorgänge, z. B. auf die Lichtbewegung im
Innern des Metalls und damit auf seine optische Natur, d. h. seine Constanten,
gestatteten.
In ähnlicher Weise stellte Mac CurLAGH?) von der Analogie zwischen
Metallreflexion und Totalreflexion geleitet, Interpolationsformeln auf. Auch diese
sind zum grossen Theil als im Einklang mit der Erfahrung stehend, anzusehen,
da sie sich theilweise in die von CaucnHv gegebenen Formeln überführen lassen,
und letztere an der Hand des Experimentes zahlreich bestátigt worden sind.
Wir werden auf die CaucHv'sche Theorie nun ausführlicher eingehen.
I. Theorie.
Caucuv hat nur für isotrope Kórper, also z. B. die Metalle, eine Theorie
gegeben?3) Er hat dieselbe nicht ausführlich mitgetheilt, sondern nur die
Resultate der Rechnung und die Hypothesen, von welchen er ausgegangen ist.
Später sind von BEER*), EISENLOHR®) und STRUTT) Ableitungen der CAUCHY-
schen Formeln aus den Hypothesen der Theorie gegeben, indess sind diese Ab-
leitungen nicht frei von jeder willkürlichen Annahme *).
Die Hypothesen CaucHy’s beziehen sich hauptsächlich auf die Grenz-
bedingungen, welche in derselben Form (als Continuitätsbedingungen der
Geschwindigkeiten des Aethers und der ersten Differentialquotienten derselben
nach den Coordinaten) angewandt werden, wie bei durchsichtigen Medien (vergl.
oben pag. 650); für die Lichtbewegung im Innern des Metalls wird von vorn-
herein angenommen, dass sie eine solche variabler Amplitude sei. Wie oben
pag. 742 auseinandergesetzt, ist für diese mindestens eine der in den Formeln
(3) auftretenden Gróssen p, v, complex. Bei isotropen durchsichtigen Medien
haben nach pag. 749, Formel (21) die p, v, « der Gleichung
1
paupe e (1%
zu genügen, wo 2 das Quadrat der Lichtfortpflanzungsgeschwindigkeit in dem
durchsichtigen Medium bedeutet. Um complexe Werthe eines der p, v, © zu
erhalten, kann man nun annehmen, dass diese Grossen bei absorbirenden
Medien einer Gleichung von derselben Form wie (17) genügen, dass aber nun
die rechte Seite jener Gleichung, welche durch die optische Natur des Mediums
bestimmt ist, eine complexe Grósse bezeichnet Durch diese ist dann nicht
1) Sie sind durch WiLp, PocG. Ann. 99, pag. 235. 1856, mitgetheilt.
2) Mac CuLLaGH, Trans. of Irish Acad. 28, part 1, 1337.
3) A. Cauchy, Compt. rend. 2, pag. 427. 1836; 8, pag. 553, 658, 1839; 9, pag. 727.
1839; 26, pag. 86. 1847. — Liouvill. Journ. (1) 7, pag. 338. 1839.
4) A. BEER, PoGG. Ann. 92, pag. 402. 1854.
5) F, EISENLOHR, POGG. Ann. 104, pag. 346. 1858.
6) STRUTT, Phil. Mag. (4) 43, pag. 321. 1872.
7) Vergl. P. DRUDE, WIED. Ann. 35, pag. 508. 1889.