842 Polarisation des gebeugten Lichtes.
Diesem Mangel hat FröHLICH!) abzuhelfen gesucht, indem er aus Beobachtungs-
daten festzustellen suchte, in welcher Weise die Lichtbewegung in einer Schirm-
öffnung mit dem Orte wechselte. Es ergab sich eine unendliche Mannigfaltig-
keit der gesuchten Lösungen, und wenn auch durch die FROHLICH schen Formeln
die angestellten Beobachtungen?) besser dargestellt werden, als durch die bis-
herigen, schon allein, weil sie weit mehr aus den Beobachtungen selbst zu
bestimmende Constanten enthalten, so sind diese Entwickelungen doch mehr
als Interpolationsformeln, als eine Theorie anzusehen. Eine solche müsste,
wenn überhaupt für die Lichtbewegung in isotropen, durchsichtigen resp. ab-
sorbirenden Substanzen nur eine resp. zwei ihnen individuelle Constanten maass-
gebend sind, die Beobachtungen vollstindig zu berechnen gestatten aus der
Natur des einfallenden Lichtes, der geometrischen Gestalt und Lage der Schirm-
óffnungen und den optischen Constanten der Schirmsubstanz. Diese Aufgabe
kann die Theorie nur lösen, wenn sie zugleich auf die in das Innere der Schirm-
substanz fortgepflanzte Lichtbewegung Rücksicht nimmt. Die gestellte Aufgabe
scheint aber selbst für die einfachste Schirmgestalt, bei der Gouv beobachtet
hat, nur mit grossen Schwierigkeiten zu lósen zu sein für die in der Optik vor-
liegenden Verhältnisse. — Dagegen scheint mir ein Problem der Diffractions-
theorie, welches mit elektrischen Wellen jetzt leicht zu realisiren ist, in einfacher
Weise durchführbar: nämlich die Wirkung eines Gitters, welches ans parallelen
Drähten von kreiscylinderförmigem Querschnitt besteht, dessen Durchmesser
klein gegen die benutzte Wellenlänge ist. Das Problem ist sehr ähnlich dem
der Magnetisirung von langen Eisencylindern im gleichförmigen magnetischen
Felde, und hierfür besitzt man bekanntlich einfache Lösung.
Eine vollständige Diffractionstheorie würde zugleich die Erscheinungen?) er-
klären, welche bei Reflexion des Lichtes an rauhen Flächen und Durchdringung
des Lichtes durch Medien, in welchen sehr kleine anders brechende Substanzen
suspendirt sind, beobachtet werden. Die hierüber angestellten Beobachtungen
sind. von verschiedenen Seiten?) zur Erklärung der Polarisation des blauen
Himmelslichtes herangezogen. P. DRUDE.
1) S. FRÖHLICH, WıED. Ann. 15, pag. 576. 1882.
2) Ausser an den vorhin citirten Stellen finden sich Beobachtungen über die Polarisation
des gebeugten Lichtes bei H. FIZEAU, POGG. Ann. 116, pag. 478, 562. 1862. — D. BREWSTER,
Edinb. Trans. 24, pag. 221. 1865. — MASCART, Compt. rend. 63, pag. 1005. 1866. — PH.
GiLBERT, Comp. rend. 64, pag. 161. 1867. — L. DITSCHEINKR, Wien. Ber. (IL) 60, pag. 567.
1869. — G. QuiNckE, Pocc. Ann. 149, pag. 273. 1873. Gótt, Nachr. 1873, pag. 22. —
S. FROHLICH, WIED. Ann. 1, pag. 321. 1877. — W. KONIG, WIED. Ann. 17, pag. 1016. 1882. —
K. EXNER, Wien. Bericht (II) 99. 1890; IoI, pag. 8. 1892. — H. E. J. G. pu Bois, WIED.
Ann. 46, pag. 542. 1892. Auch durch die QUINCKE'schen Versuche ist die Unzulänglichkeit
der bisherigen Theorieen (selbst der FROHLICH schen, vergl. QUINCKE, WIED. Ann. 47, pag. 765,
1892) deutlich gezeigt, indem QUINCKE bei Aenderung des Beugungswinkels die Aenderung
des Polarisationsazimuths nicht continuirlich zu- oder abnehmend fand.
3) Man vergl. die von ARAGO, PROVOSTAYE und DESAINS angestellten Versuche (BILLET,
optique physique, Paris 1858, Bd. 1, pag. 508 u. ff.), ferner A. KUNDT, PoGG. Ann. 123, pag. 385.
1864. — LALLEMAND, Compt. rend. 69, pag. 189, 282, 917, 1294. 1869; 78, pag. 1272. 1874;
79, pag. 693. 1874; Ann. de chim. et de phys. (4) 22, pag. 200. 1871; ibid. (5) 8, pag. 93.
1876. — Lord RAYIEIGH, Phil. Mag. (5) 12, pag. 81. 1881. — Gouy, Compt. rend. 98, pag. 978.
1884. — K. ANGSTRÔM, WIED. Ann. 26, pag. 253. 1885. A. HurioN, Compt. rend. 114,
pag. 910. 1892.
4) Man vergl. D. BREWSTER, Phil. Mag. (4) 25, pag. 344. 1863. — LALLEMAND, Compt.
rend. 75, pag. 854. 1872.