Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 2 Band, 2. Abtheilung)

    
4 Thermometrie. 
tracht, als dieselben zur Festlegung genauer Fixpunkte und bestimmter noch 
gebräuchlicher Temperaturscalen führten, oder eine kritische Verwerthung älterer 
Beobachtungen ermöglichen. 
Das erste Instrument, welches einigermaassen vergleichbare "Temperatur- 
schützungen gestattete, War unstreitig das von GALILEI (nach VIVIANI 1593 er- 
fundene) in Padua jedenfalls vor 1603 in den Vorlesungen benutzte Thermo- 
skop!)  Spáter verbesserte GALILEI dieses Instrument, theilte das Steigrohr in 
100 Grade, ersetzte das Wasser durch Wein und machte meteorologische und 
physikalische Beobachtungen, wie aus dem Briefwechsel mit dem venetianischen 
Edelmanne SAGREDO hervorgeht. Dieser veränderte das Thermometer in 
Form und Dimensionen, verglich während dreier Jahre 3 Exemplare von ver- 
schiedener Grósse und fand dieselben in vollkommener Uebereinstimmung. 
SANCTORIUS, Professor der Heilkunde in Padua, benützte das »instrumentum tem- 
peramentorums, nachdem er das Messrohr schlangenfórmig gewunden, zur 
Schätzung der Temperatur der Luft und der Kôrpertheile der Fieberkranken, 
ja sogar zu Versuchen über die von der Sonne und vom Monde ausgestrahlten 
Wärmemengen ”). 
OTTo voN GUERICKE bog das Messrohr um und liess durch einen in den offenen 
Schenkel eintauchenden Schwimmer die Standänderungen auf einen Zeiger über- 
tragen. Im Jahre 1643 wandte KIRCHER statt Wein (oder mit Säuren vermischtes 
Wasser) Quecksilber an. PascAL bemerkte 1643, dass die Angaben vom Luft- 
drucke abhingen. Pater SCHOTT suchte 1657 diesem Uebelstande dadurch ab- 
zuhelfen, dass er beide Enden des Messrohres mit geschlossenen Kugeln versah; 
er muss somit als der Erfinder des Differentialthermometers angesehen wetden. 
Wer zuerst statt der Ausdehnung der Luft diejenige einer Flüssigkeit zur 
Temperaturmessung verwendete und ob GALILEI auch hier den Anfang gemacht 
hat, ist nicht mit Bestimmtheit ermittelt, jedenfalls bediente sich bereits im Jahre 
1631 der Arzt JEAN REy eines auf der Ausdehnung des Wassers beruhenden 
Thermometers. Nach ANTINORI waren schon 1641 geschlossene Weingeist- 
Thermometer vorhanden. Gauivers Schüler, Grossherzog FERDINAND II. von 
Toscana, hat dieselben, wenn nicht erfunden, jedenfalls wesentlich verbessert 
Pater Daviso giebt 1654 eine genaue Beschreibung derselben. Hiernach hatte 
das Gefiss die Grosse einer Flintenkugel, das Messrohr war luftfrei und mittelst 
aufgeschmolzener Glastropfen getheilt. Instrumente ähnlicher Art, wie die in 
den »Saggi di naturali esperienze« beschriebenen, sind 1829 von ANTINORI auf- 
gefunden und 1831 von Limmr verglichen worden. Sie stimmten in ihren An- 
gaben so gut überein, dass sie nur nach einem und demselben Normalinstru- 
mente. graduirt sein können. Da ferner der Eispunkt wie vor 200 Jahren bei 
  
Notes on the History of Thermometers. Quart. Journ. of R. Met. Soc. X, pag. 167—172. 
(Auszug in Fortschr. d. Phys. 40 (3), pag. 573). — CLEVELAND ABBE, Treatise on Meteoro- 
logical Apparatus and Methods. Rep. of the Signal Officer for 1887, part. IL — E. GERLAND, 
Das Thermometer, VIRCHOW u. HOLTZENDORFF (20), No. 467, 1885. — R. Worr, Handbuch 
der Astronomie, ihrer Geschichte und Literatur, I. Halbband, Zürich 1890, pag. 355. 
1) Nach CASTELLI Beschreibung bestand dasselbe zu jener Zeit aus einem Glasgefäss 
(von der Grôsse eines Hühnereies), an welches ein ungefähr 2 Spannen langes Rohr von der 
Weite eines Strohhalmes geschmolzen war. GALILEI erwürmte das Gefäss mit den Händen, 
tauchte dann das enge Rohr in ein mit Wasser gefülltes Glas und demonstrirte die Zusammen- 
ziehung der Luft bei der Abkühlung. 
2) Diesen 1609 begonnenen Anwendungen und der von ihm 1646 gegebenen Beschreibung 
und Abbildung ist wohl die grosse Verbreitung dieser ersten Thermometer zu verdanken. 
  
     
   
  
  
   
    
      
  
   
  
   
  
  
   
   
  
  
  
   
  
  
  
     
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
   
    
  
   
   
  
  
   
  
  
   
   
  
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.