Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 2 Band, 2. Abtheilung)

  
12 Thermometrie. 
1859 auf einwurfsfreierem Wege nach, dass diese Werthe für ein Kohlensäure- 
thermometer zutreffen wirden, die Reductionen eines Luftthermometers jedoch 
nur etwa den zehnten Theil derjenigen eines Kohlensäurethermometers erreichen. 
  
Durch die Gesammtheit dieser Arbeiten gelangte zu Ende der fünfziger Jahre 
die Thermometrie zu einem vorläufigen Ruhepunkte. Seit jener Zeit ist dieselbe 
in Folge weiterer, experimenteller und theoretischer Untersuchungen noch erheb- 
lich verfeinert und erweitert worden, sowohl hinsichtlich der Genauigkeit der 
Messungen und Reductionen, als auch in Bezug auf das Temperaturintervall, in 
welchem nunmehr exakte Messungen ausgeführt werden können. 
Während im Observatorium zu Kew vorgenommene langsame Kühlungen 
dahin führten, die thermischen Nachwirkungen nicht unwesentlich einzu- 
schränken, gelang es anderseits auf Grund wissenschaftlicher Untersuchungen, 
(die im physikalischen Centralobservatorium zu Petersburg eingeleitet und in den 
Normal-Aichungskommissionen zu Wien und Berlin zunächst für das Intervall 
zwischen 0 und 100 und für die damals in Deutschland gebräuchlichen T’hermo- 
meter aus Thüringerglas zu einem vorläufigen Abschlusse gebracht worden sind), 
den Einfluss der thermischen Nachwirkungen zu beseitigen. Dadurch erst wurde 
das Quecksilberthermometer ein zu genauen wissenschaftlichen Messungen brauch- 
bares Instrument. 
Die von der Normal-Aichungskommission zu Berlin ausgegangenen An- 
regungen zur Verhesserung der Construction der Thermometer, sowie die da” 
selbst ausgeführten orientirenden, experimentellen und theoretischen, die Queck- 
silber-1) und Gasthermometer betreffenden Arbeiten?), bildeten den Ausgangs- 
punkt für die mit grósster Ausdauer und schónstem Erfolge in dem internationalen 
Maass- und Gewichtsbureau und in der physikalisch-technischen Reichsanstalt 
ausgeführten, Untersuchungen?). 
In Verbindung mit der Normal-Aichungskommission zu Berlin sind ferner im 
glastechnischen Laboratorium zu ena nahezu nachwirkungsfreie Gläser hergestellt 
worden, welche genaue Temperaturmessungen nunmehr auch in der chemischen 
Industrie und in der ärztlichen Praxis ermöglichen. Durch die, von der kaiser- 
lichen Seewarte zu Hamburg begonnene, von der Normal-Aichungskommission 
zu Berlin übernommene und in der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt, sowie 
in der unter ihrer Oberaufsicht stehenden Thermometerprüfungsstation in Ilmenau 
fortgesetzte amtliche Prüfung ist die Thermometerfabrikation in Deutschland in 
nachhaltigster Weise gefördert und der Wissenschaft und Technik ein unschätz- 
barer Dienst erwiesen worden?). 
Mehrjáhrige, in der Geological Survey erst in New Haven, dann in Washington 
  
1) M. THIESEN, Vergleichungen von Quecksilberthermometern. — H. WiEBE, Ueber die 
Bewegungen der Fundamentalpunkte von Thermometern. 
2) L. GRUNMACH, Vergleichungen von Quecksilberthermometern mit dem Luftthermometer. — 
B. WEINSTEIN, Ueber Reduction der Angaben von Gasthermometern auf absolute Temperaturen. 
Metronomische Beiträge No. 3, herausgegeben von Professor FORSTER. Berlin 1881. 
3) Vergl. die Arbeiten von BENOÏÎT MAREK und PERNET in den 4 ersten Bänden der Travaux 
et Mémoires, sowie in den Procés-verbaux des Séances de 1885, und namentlich die speciellen 
Untersuchungen von BRocH, GUILLAUME und CHAPPUIS im V. und VI. Bande, sowie die thermo- 
metrischen Arbeiten von PERNET JAGER und GUMLICH im I. Bde, der wissenschaftlichen Ab- 
handlungen der physikalisch-technischen Reichsanstalt, Berlin 1894. 
4) Nach demselben Ziele strebt die am Harvard College in New Haven (Nordamerika) 
entstandene Thermometerprüfungsstation. 
  
 
	        
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