570 Die kinetische Theorie der Gase.
einführen müssen. Für Aether und andere Flüssigkeiten fand CLAUSIUS, dass
die einfache Temperaturfunction, welche er für die Kohlensäure annahm, nicht
mehr genügt; er gab daher seiner Gleichung schliesslich die Form
f 1 AT-"— B
47 Q-nM-
wobei 4, B und z Constanten sind, die aus den Beobachtungen bestimmt werden
müssen. Es zeigt sich nun, dass sich innerbalb des Beobachtungsintervalls die
beiden Functionen
Qe 7T
T?
vollständig zur Deckung bringen lassen, so dass damit die Uebereinstimmung
unserer Theorie mit der Beobachtung vollstándig erwiesen ist.
Man kann also auf verschiedenen Wegen zur Zustandsgleichung gelangen,
so dass die Frage nach den Ursachen der Abweichungen vom MARIOTTE-
Gav LussAC'schen Gesetz eigentlich noch nicht zur Genüge beantwortet ist, da
wir keine Veranlassung haben, einer Theorie zu Gunsten die anderen in den
Hintergrund zu stellen, indem wir selbst ohne jede Annahme einer kinetischen
"Theorie zur Zustandsgleichung gelangen kónnen, wenn wir die Analogie zwischen
Gasen und Lösungen ins Auge fassen‘).
AT-=— B und
Reibung.
Die mechanische Bedeutung der inneren Reibung der Gase (s. Art Reibung)
wird uns am besten durch folgende Ueberlegung klar. Wir denken uns zwei
ebene, parallele, horizontale Platten, deren Abstand z sein soll Die untere
Platte sei in Ruhe, die obere bewege sich mit einer Geschwindigkeit z in ihrer
eigenen Ebene vorwárts. Zwischen beiden Platten befinde sich eine Gasschicht.
Die innere Reibung des Gases hat nun zur Folge, dass sich der Bewegung der
oberen Platte ein Widerstand entgegensetzt von der Grósse
M,
vorausgesetzt, dass die Geschwindigkeit der oberen Platte sowohl der Grósse
als der Richtung nach constant ist. Dabei ist / der Flácheninhalt der Platte,
1 nennen wir den Reibungscoéfficienten des Gases. Derselbe ist eine Grösse,
welche lediglich von der Natur des Gases abhängt. Dieselbe Kraft nun, welche
für die obere Platte als Widerstand auftritt, wirkt auch auf die untere Platte,
nur in entgegengesetzter Richtung. Es wird also der unteren Platte ebenso viel
Bewegungsgrösse in der Zeiteinheit mitgetheilt, als der oberen entzogen wird.
Es muss daher durch die Flächeneinheit einer jeden Ebene, welche sich parailel
zwischen den beiden Platten befindet, in der Zeiteinheit die Bewegungsgrösse
n— getragen werden. — ist nun nichts anderes als das Geschwindigkeitsgefälle,
z z
: du o ; ;
und wir können dafür auch 7; setzen. Da ferner die innere Reibung als ein
Widerstand aufzufassen ist, den jene Schicht, welche die grôssere Geschwindig-
keit hat, von der mit kleinerer Geschwindigkeit erfährt, so haben wir die innere
Reibung A als eine negative Kraft in der Form
du
1
zu schreiben, wobei sich Æ auf die Flächeneinheit der reibenden Schicht bezieht.
R=
1) Sieche G. JAGER, Wien. Ber. 101, pag. 553. 1892.