Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 2 Band, 2. Abtheilung)

  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
   
  
  
602 Die kinetische Theorie der Gase. 
F. ExwER!) diese Formel für das Molekularvolumen zur Berechnung der Grósse 
der Molekeln nach unserem obigen Vorgang benützen. Er findet für eine Reihe 
von Gasen Werthe des Molekeldurchmessers, welche simmtlich zwischen 9 und 
92:10 9? cm legen, also wieder von derselben Gróssenordnung sind, wie die 
bereits erwähnten. 
Der Werth der mittleren Weglänge, welchen wir für unsere Rechnung 
brauchen, kann natürlich sowohl aus der Reibung, der Diffusion oder der Wärme- 
leitung gewonnen sein. Wir wissen ja, dass diese verschiedenen Methoden Weg- 
längen gleicher Grösse, mithin auch gleich grosse Molekeldurchmesser ergeben. 
Eine von den oben angeführten vollständig abweichende Methode zur Be- 
rechnung des Molekulardurchmessers auf Grund der kinetischen Gastheorie rührt 
von G. JácER?) her. Derselbe geht von der Vorstellung aus, dass sich ein 
Kórper beim Uebergang aus dem flüssigen in den gasfórmigen Zustand in lauter 
kleine Trópfchen auflóst, die wir Molekeln nennen. »Insofern wir nun unter 
der Grósse der Molekeln eines Gases oder Dampfes nichts anderes verstehen als 
den Mittelwerth der Gróssen jener Flüssigkeitstrópfchen, welche den dampffórmigen 
Zustand bilden, ist es ein Leichtes, mit Zuhilfenahme der kinetischen Gastheorie 
diese Gróssen zu finden. 
Der Druck eines Gases ist durch die Gleichung 
Ame? 
= 
gegeben. Da weder /V noch ; unmittelbar gegeben ist, sondern nur das Produkt 
beider Gróssen als Dichte des Gases auftritt, so ist ohne Weiteres klar, dass, 
welche Grosse auch immer wir der Masse x geben, d. h. wie gross wir auch 
immer unsere Flüssigkeitstrópfchen wáhlen, die mittlere Geschwindigkeit c der- 
selben nicht geändert werden kann. Der Einfachheit halber wollen wir künftig 
annehmen, alle Theilchen haben dieselbe Grósse und dieselbe Geschwindigkeit c. 
Wird ein Tropfen in seiner Geschwindigkeit plótzlich gehemmt, etwa dadurch, 
dass er auf einen festen Kórper aufscblágt, so bemerkt man im Allgemeinen, 
dass er zerstiebt. Nur für den Fall, als seine Geschwindigkeit verháltnissmássig 
klein ist, zerfällt er in wenige kleinere Tropfen, oder er bleibt unversehrt. Bei 
einem Anstoss vertheilt sich námlich die lebendige Kraft des Tropfens nach den 
verschiedensten Richtungen und führt dadurch eine Zertheilung desselben herbei, 
wenn sie grósser ist als die Arbeit, welche die durch die Theilchen hervor- 
gebrachte Vergrösserung der Flüssigkeitsoberfläche erfordert. So können wir uns 
auch vorstellen, dass durch die beständigen Stösse, welche die Gastheilchen auf 
die Gefässwand und gegen einander ausüben, eine derartige Zertheilung der 
Materie hervorgebracht wird, dass wir schliesslich einen stationären Zustand er- 
halten, der dann eintritt, wenn die Arbeit, welche zur weiteren Zerlegung der 
Molekeln nothwendig ist, der lebendigen Kraft der Molekeln gleich wird. 
Nach unseren vereinfachenden Annahmen ist es nun leicht, einen Schluss 
auf die Bedingungen dieses Gleichheitszustands zu machen. Da wir alle Theilchen 
als gleich gross voraussetzen, so müssen jene Theilchen, durch deren Zerlegung sie 
entstanden sind, dem Volumen und der Masse nach mindestens doppelt so gross 
sein. Der Gang unserer Rechnung wird sich daher derartig gestalten, dass wir 
den Oberflàchenzuwachs bestimmen, wenn sich eine Kugel in zwei gleich grosse 
Theile theilt, die abermals kugelfórmige Gestalt haben. Ist der Radius der 
  
1) Wien. Ber. 91 (2), pag. 855. 1885. 
?) Wien. Ber. roo (2), pag. 1233— 1238. 189r. 
       
  
  
  
  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
   
 
	        
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