Full text: Handbuch der Physik (Zweiter Band, zweite Abtheilung)

    
  
   
  
  
  
  
    
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
606 Uebergang des festen in den flüssigen Aggregatzustand. 
dass bei einer bestimmten Temperatur der Körper inhomogen wird. Dass jeder 
feste Körper durch genügende Temperatursteigerung flüssig, jeder flüssige durch 
Abkühlung fest wird, ist zwar nur ein Analogieschluss, jedoch von hoher Wahr- 
scheinlichkeit, indem die Fälle der Nichtrealisirbarkeit dieses Ueberganges innerhalb 
der erreichbaren oberen und unteren Temperaturgrenze von geringer Zahl sind. 
Unter den chemischen Elementen sind nur Kohle und Molybdän bis zu den 
höchsten erreichten Temperaturen nicht verflüssigt worden. 
Schmelzpunkt. Für jeden einheitlichen Körper existirt (bei gegebenem 
Druck) nur eine einzige Temperatur, bei welcher die feste und flüssige Phase im 
Gleichgewicht neben einander bestehen können. Führt man der festen Phase con- 
tinuirlich Wärme zu, so beginnt bei eben dieser Temperatur der Uebergang in die 
Flüssigkeit, indem gleichzeitig weiter zugeführte Würme keine Temperatursteigerung 
des Systems hervorbringt, ehe nicht die feste Phase vóllig flüssig geworden ist. 
Es gelingt nicht, einen festen Kórper über diese Temperatur, seinen Schmelz- 
punkt, zu erhitzen. 
Die Bestimmungsmethoden des Schmelzpunktes basiren einerseits auf der 
bei ihm auftretenden plótzlichen Aenderung der inneren Reibung, andererseits auf 
der trotz Wármezufuhr unveränderlichen Temperatur wáhrend des Ueberganges 
von fest zu flüssig. 
Unter Anwendung genügend grosser Substanzmengen ist es am einfachsten 
und genauesten, ein Thermometer mit dem festen Kórper zu umgeben und zu 
erhitzen. Bei geeigneter Umrührung zeigt wüáhrend des Schmelzens das Thermo- 
meter constant, bis alles verflüssigt ist, die gesuchte Schmelztemperatur. 
Geringe Substanzimengen werden fein pulverisirt in einseitig geschlossenen, 
dünnwandigen Capillarrohren in môglichster Nähe des Gefässes eines Thermo- 
meters in passendem Bade einer durchsichtigen Flüssigkeit langsam erhitzt und 
beim Beginn des Schmelzens die Temperatur abgelesen. Zur Steigerung der 
Genauigkeit, mit der man den Zeitpunkt des beginnenden Schmelzens beachtet, 
schmilzt man wohl auch die Substanz vorher in der Mitte eines beiderseits offenen 
Capillarröhrchens fest, so dass beim Beginn des Schmelzens während des 
Erhitzens im Bade die Substanz durch den hydrostatischen Druck der Badflüssig- 
keit in die Höhe geschoben wird. Auf elektrischem Wege den Schmelzpunkt 
zu beobachten, hat J. LöwE vorgeschlagen, indem ein Platindraht mit der festen 
Substanz durch Schmelzen überzogen und so in ein Quecksilberbad getaucht 
wird, dessen Erwürmung mittelst Thermometers gemessen wird. Bei beginnender 
Verflüssigung der Substanz stellt sich der Contact zwischen Draht und Queck- 
silber her und schliesst den galvanischen Strom einer elektrischen Klingel, 
deren Ertónen das Signal zum Ablesen der Schmelztemperatur am Thermo- 
meter giebt. 1!) 
Die Schmelzpunkte der chemischen Elemente in Celsiusgraden ent- 
hált folgende Tabelle?) 
1) Vergl. NERNsT und HkssE, Siede- und Schmelzpunkt, Braunschweig 1893, woselbst noch 
weitere Methoden beschrieben sind und folgende Literaturnachweise sich finden: LANDOLT, 
Zeitschr. phys. Chem. 4, pag. 349. — PiccArp, Berl. Ber. 8, pag. 687. — ANsCHÜTZ und 
SCHULTZ, ibid. 10, pag. 1800. — ROTH, ibid. 19, pag. 1970. — POTILITZIN, Chem. Centr. 1893, 
I, pag. 379; Journ. russ. phys. Ges. 24, pag. I. etc. 
2) Nach LANDOLT-BORNSTEIN, physikal.-chem. Tabellen, 2. Aufl. 
       
   
  
  
  
  
  
    
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
 
	        
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