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702 Gesättigte Dämpfe.
II. Die Spannung gesättigter Dämpfe bei verschiedenen Temperaturen.
a) Allgemeines.
7) Der Siedepunkt einer Flüssigkeit bei normalem Atmosphärendruck ist
nur ein specieller von allen möglichen Siedepunkten, es ist diejenige Temperatur,
bei der der Druck (oder die Spannung) des gesättigten Dampfes gerade eine
Atmosphäre beträgt. Bei jeder anderen Temperatur besitzt der gesättigte Dampf
eine andere Spannung, und zwar ist diese Spannung zunächst nur abhängig (
von der Temperatur, unabhüngig davon, ob etwa in dem Raum, in welchem
sich der Dampf befindet, noch ein anderes Gas oder ein anderer Dampf befindet.
Das gilt aber nur für den Dampf von homogenen Flüssigkeiten. Bei gemischten
Flüssigkeiten sind die Verhältnisse andere (s. unten). Es gilt ferner nur, wenn
auf die Flüssigkeit und den Dampf nicht besondere Kräfte, wie die Capillarität
oder elektrische Kräfte, wirken (s. unten).
8) Die nächste Aufgabe ist also, die Dampfspannung verschiedener Flüssig-
keiten experimentell bei allen Temperaturen zu untersuchen und etwaige Gesetz-
mässigkeiten zu finden. Diese Aufgabe wurde zuerst von DALTON in Angriff
genommen, welcher auch glaubte, die folgenden Gesetze aussprechen zu können:
1) Der Druck gesättigter Dämpfe wächst in geometrischer Progression, wenn
die Temperaturen in arithmetischer Progression wachsen.
2) Verschiedene Flüssigkeiten haben gleiche Dampfdrucke bei denjenigen
Temperaturen, die von ihrer normalen Siedetemperatur um gleich viel abstehen.
Diese beiden Gesetze, die auch jetzt noch oft als DALTON’sche Gesetze an-
geführt werden, sind aber unrichtig, wie von REGNAULT auf Grund seiner aus-
führlichen Untersuchungen nachgewiesen wurde.
Von den experimentellen Untersuchungen über Dampfspannungen vor
REGNAULT mögen hier nur die Literaturangaben zusammengestellt werden.
DALTON, Mem. of phil. Soc. of Manchester 5, pag. 550. 1801.
ZIEGLER, De digestore Papini, pag. 48. 1760.
BÉTANCOURT, Journ. de léc. polytech. II. 1790.
WATT, Mechanical philosophy of RoBIsoN II, pag. 33. 1822.
ROBISON, Mechanical philosophy II, pag. 85. 1822.
J. F. MAYER, De vi elastica vaporum I, pag. 17. 1808— 1810.
BIoT, Traité de physique I, pag. 280. 1816.
G. G. SCHMIDT, Naturlehre I, pag. 296. 1801— 1803.
UrE, Phil. Transactions 1818.
DESPREZ, Ann. chim. phys. (2) 16 u. 21. 1821. 1822.
PLÜCKER, PoGc. Ann. 92, pag. 193. 1854.
Von diesen ist die Untersuchung von Ung, der die Dampfspannungen von
Dümpfen bis za 5 Atm. untersuchte, nach REGNAULT die wichtigste. Man kann
gegen sie nur die Unreinheit der angewendeten Substanzen einwenden.
9) Die wichtigste Frage, schon wegen der Theorie und Praxis der Dampf-
maschinen, war natürlich die nach den Drucken, die gesittigter Wasserdampf
ausübt. Es wurde von der íranzósischen Akademie 1823 eine Commission ein- j
gesetzt, um diese Frage zu studiren. Dieselbe machte unter DULONG und ARAGO
ausführliche Experimente bis zum Druck von 24 Atm. und publicirte sie 18291).
Gleichzeitig machte eine amerikanische Commission, vom FRANKLIN-Institut ein-
—-
!) DULONG und ARAGO, Ann. chim. phys. (2) 43, pag. 78. 1830.