Die beiden Theorieen. A 135
FARADAY!) und A. BECQUEREL, aus neuester F. ExNER”) zu nennen ist; aber trotz
des dabei aufgewandten Scharfsinns ist ihnen der entscheidende Nachweis, den
sie der näherliegenden Contakttheorie gegenüber zu erbringen haben, bisher nicht
gelungen; vielmehr ist in jedem der zahlreichen Fälle, wo es diesen Anschein
hatte, von den Vertheidigern der Contakttheorie gezeigt worden, dass entweder
die Theorie des Falles fehlerhaft oder die Versuchsergebnisse thatsächlich oder
ihrer Deutung nach unrichtig oder endlich so beschaffen waren, dass sie den
Consequenzen der Contakttheorie durchaus nicht widersprachen. Die ausführ-
liche Darstellung dieser Betrachtungen muss grösstentheils im Zusammenhange
mit den elektrochemischen und den elektrothermischen Erscheinungen erfolgen;
hier können nur einige Punkte hervorgehoben werden.
1) Die Contakttheorie steht in einer eigenthümlichen Beziehung zum Satz
von der Erhaltung der Kraft, insofern es den Anschein hat, als ob aus nichts
Etwas entstände, nämlich aus der drucklosen, also von Arbeitsaufwand nicht be-
gleiteten Berührung die Electricität; aber letztere ist an sich noch gar keine
Arbeitswirkung, und um diese zu erzielen, muss man entweder die Körper mit
dem entsprechenden Arbeitsaufwand von einander trennen, oder man muss
chemisch veränderliche und wirksame Leiter zweiter Klasse einschalten, wobei
dann bewegte Elektricitàt auftritt, Die Contakt-Elektricitit an sich ist also von
der chemischen Wirkung ganz unabhángig ?), und gerade das Vor. TA'sche Spannungs-
gesetz für Leiter erster Klasse stellt die Uebereinstimmung mit dem Princip der
Erhaltung der Kraft in vóllig klarer Weise her.
2) In der ihr von DE LA RivE gegebenen Form ist die chemische Theorie
besonders durch den Nachweis bekämpft worden, dass auch, wenn die Ein-
wirkung der Luft ganz ausgeschlossen wird, also durch Firnissen, durch Aus-
pumpen, durch Einführung andrer Gase, die Wirkung nicht aufgehoben oder in
irgendwie entsprechendem Grade vermindert wird. Hiergegen lassen sich nun
freilich wieder zahlreiche Gegeneinwände erheben, und zwar vor allem der, dass
selbst im Vacuum die Metalle noch Gasschichten an ihrer Oberfliche zurückhalten ;
indessen müsste sich deren Wirksamkeit doch bald erschópfen, und sie ist daher
für Thatsachen, die sich über eine lüngere Zeit erstrecken, nicht ausreichend.
3) Hiermit im Zusammenhange stehende Versuchsanordnungen von PÉcrET 1)
Gassiors), W. THOMsoNS) u. A. dienen ebenfalls eher zur Stütze der Contakt-
theorie, entbehren aber gleichfalls endgiltiger Beweiskraft. :
4) Für Metalle und Flüssigkeiten, welche auf jene chemisch nicht wirken,
hat ExNER nach der Condensatormethode Versuche angestellt und für zahlreiche
Flüssigkeiten gegen Platin den Werth Null gefunden; die endlichen, z. Th. er-
heblichen Werthe AvRTON und Prrry's erklären sich nach ihm aus der Nicht-
berücksichtigung der Inductionswirkung zwischen der festen Condensatorplatte
!) FARADAY, Exper. Res. VIII; Phil. Trans. R. Soc. 1834; Pocc. Ann. 35. 1835.
?) F. EXNER; eine übersichtliche Darstellung seiner Theorie bietet Rep. d. Phys. 19, pag. I.
1883; ausserdem seien angeführt: Wien. Ber. 78, Juli 1878; 8o, Juli 1879; 81, pag. 1220.
1880; 84, Juli 1881. 86, pag. 551. 1882; 95, pag. 595. 1887. WIED. Ann, 9, pag. 591. 1880.
32, pag. 53 u. 515. 1887.
3) Dieser Gegensatz zwischen der Erzeugung der Elektricität und der des elektr. Stromes
ist zuerst von SCHÖNBEIN, wenn auch in nicht ganz richtiger Weise, hervorgehoben worden
(Pocc. Ann. 78, pag. 289. 1849).
^) PECLET, Ann. chim. phys. (3) 2, pag. 233.
3) Gassrr, Phil. Mag. (3) 25, pag. 363.
9) W. THOMSON, s. z. B. MascanT, Hdb. d, stat. Elektr. 2, pag. 411.