174 Elektrische Ströme.
Vorstellung lässt sich leicht in Formeln bringen, es sei beispielsweise auf Max-
WELL!) verwiesen.
Grenzbedingungen. Zu der Grundgleichung müssen selbstverstándlich
noch Bedingungsgleichungen hinzugefügt werden, welche an der Grenze heterogener
Mittel erfüllt sein müssen. Die eine von ihnen lautet, in vólliger Analogie mit
,der Wärmelehre: > n,
C1 042
Ay ony + Aq n, zzz), (2)
wo A, und A, die beiden Leitungsfihigkeiten, 7, und 7, die Normalen eines
Grenzelementes in das eine und das andere Mittel hinein sind. Ist das zweite
Mittel ein Nichtleiter, also A9 — 0, so wird einfacher
du (3)
d. h. die Oberfläche des gedachten Leiters ist aus Stromlinien gebildet. Es ist
das eben der Ausdruck dafür, dass keine Elektricität aus dem Leiter.in den
Nichtleiter übertritt. Man kann die Grenze des Leiters gegen einen Nichtleiter,
im Gegensatz zu der zwischen Leitern, als die freie Oberfläche des Leiters
bezeichnen.
Die zweite Grenzbedingung würde in Analogie mit der Wärmelehre, wo die
Temperaturen zu beiden Seiten der Grenze einander gleich sind, P, — 7 lauten,
die Analogie findet aber hier nicht mehr statt. In zwei verschiedenartigen, an
einander grenzenden Medien hat vielmehr das Potential zwei von einander ver-
schiedene Werthe, ihre Differenz heisst die elektrische Differenz der beiden
Leiter, oder auch, wenn auch streng genommen mit etwas anderer Bedeutung, die
elektromotorische Kraft ihrer Berührung (s. o. pag. 119). Allerdings kónnte man
etwas ühnliches auch auf thermischem Gebiete künstlich herstellen, z. B. mittelst
schmelzenden Bleis und schmelzenden Eises, man würde dann auch eine dieser
Combination eigenthümliche thermische Differenz und in Folge derselben einen
geschlossenen Würmestrom erhalten. Der Unterschied ist aber der, dass in Bezug
auf die Elektricitát den Kórpern eine derartige Verschiedenartigkeit ohne weiteres
innewohnt, und dass die betreffenden Erscheinungen dadurch viel wichtiger und
mannigfaltiger werden. In einem System sich selbst überlassener Leiter ist
thermisches Gleichgewicht stets möglich, elektrisches aber nur, wenn alle Glieder
des Systems einer und derselben Spannungsreihe angehóren (pag. 112), d. h.
wenn die elektrische Differenz G(1, 2) irgend zweier in dem System vorhandener
Leiter sich als die Differenz einer dem ersten und einer dem zweiten Leiter
charakteristischen Grósse G (1) — G (2) darstellen làüsst. Dies ist z. B. nicht mehr
der Fall, sobald Sáuren in dem System vorhanden sind, und eben dann entstehen
nothwendig Stróme. Die zweite Grenzbedingung nimmt hiernach die Form an.
P, — P, — G (1, 2). (4)
Folgerungen. 1) Es lässt sich zeigen, dass, wenn alle in dem System mit-
wirkenden elektrischen Differenzen bekannt sind, alle Potentiale bis auf eine
Constante oder, was dasselbe ist, die Grôssen 0 P,/0n u. s. w. vollständig be-
stimmt sind, und das genügt, um die Strömung zu kennen. Der Beweis, der
ebenso wie diese ganze Grundlegung von KincHHorr?) herrührt, wird geführt,
indem man zwei verschiedene Potentialvertheilungen Æ und P' als möglich
!) MaxwEIL, Lehrb. d. El. u. d. Magn. r, pag. 425.
2) KIRCHHOFF, PoGG. Ann. 75, pag. 189. 1848. Ges. Abh. pag. 33. Vgl. auch KIRCHHOFF,
Pocc. Ann. 78, pag. 506. 1849. Ges. Abh. pag. 49.
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