348 Die Elektricitätsleitung der Gase.
laden sich trotzdem in erheblichem Betrage mit der Elektricitit der Flammel).
Die ruhende Luft in der Umgebung der Flamme wird also leitend.
8) Unipolare Leitung der Flammen.
Die erste einschlägige Beobachtung rührt von Erman?) her. Die beiden
Pole einer grösseren galvanischen Säule sind mit gewöhnlichen Goldblattelektro-
skopen verbunden. Berührt man einen oder beide Pole mit isolirten Weingeist-
lampen, so bleibt die Divergenz der Goldblättchen an beiden Elektroskopen
ungeändert. Wird dagegen die aus Metall construirte Lampe zur Erde abgeleitet,
so fallen die Goldblättchen des Elektroskops zusammen, sobald die Flamme den
betreffenden Batteriepol berührt; gleichzeitig wird der Ausschlag des zweiten
Elektroskops dadurch nahezu verdoppelt. Werden aber die Leitungsdrähte beider
Pole gleichzeitig in dieselbe abgeleitete Flamme getaucht, so fallen die Gold-
blättchen am positiven Pol fast momentan zusammen, während die Divergenz
am negativen Pol auf den Maximalwerth steigt. Man bezeichnet deshalb die Wein-
geistflamme als positiv unipolar. Genau das gleiche Verhalten zeigen die Flammen
von Naphta, fetten und ätherischen Oelen, Wachs, alg, Wasserstoff. Nach
EnRMAN sollte die Flamme des brennenden Schwefels unwirksam sein, diejenige
von Phosphor sogar negativ unipolar. HrirroRF?) hat später nachgewiesen, dass
ERMAN sich getüuscht hat; auch die Flammen von Schwefel und Phosphor
sind positiv unipolar. Der Schwefel resp. Phosphor befand sich in einem eisernen
Tiegel mit gut schliessendem Deckel. Der beim Erhitzen gebildete Dampf ent-
wich durch eine im Deckel angebrachte Bohrung. Das Innere der Flammen
ist relativ kalt, nur der schmale Saum, wo die Verbrennung des Dampfes sich
vollzieht, ist heiss. In die Flamme tauchten die Poldrähte einer Batterie von
400 Chromsáureelementen; zwei gleiche Goldblattelektroskope waren mit ihnen
verbunden. Die Divergenz änderte sich kaum, wenn ein dritter, abgeleiteter
Draht in die Flamme gebracht wurde. Sobald aber durch genügende Luftzufuhr
dafür Sorge getragen wurde, dass die Verbrennung auch im Innern vor sich ging,
wurde die Temperatur erheblich gesteigert, die Bláttchen des mit dem positiven
Pol verbundenen Elektroskops fielen zusammen.
ErsrER und GkITEL) geben an, dass die Luftschicht, welche eine roth-
glühende Kugel umgiebt, negativ unipolar sei.
Die Erklärung der unipolaren Leitung finden HirrogF und HANKEL) in dem
oben erwáhnten grossen Widerstand in der Umgebung der Kathode. Wie HANKEL
zeigte, nimmt dieser Widerstand mit wachsender Kathodenfläche aiso abnehmen-
der Stromdichte ab. Wie BRAUN®) nachgewiesen hat, ist es aber nicht möglich,
den Widerstand der Flamme als eine Summe von zwei Theilen darzustellen, von
denen der erste vom Strom unabhängig ist, der zweite der Stromdichte pro-
portional. HANKEL betrachtet das Kathodenhinderniss als einen Uebergangs-
widerstand.
HrrroRrF schliesst sich HANKEL's Ansicht an, weil er eine Polarisation an den
Elektroden nicht nachzuweisen vermochte. Der Strom von 400 Chromsäure-
elementen floss durch ein Galvanometer und die Flamme. Mit Hilfe eines
mechanischen Unterbrechers konnte der Strom in der Flammenstrecke allein in
1) Riess, POGG. Ann. 61, pag. 554. 1844.
?) ERMAN, GILB. Ann. 11, pag. 150. 1802; Bd. 22, pag. 14. 1806.
3) HITTORF, PoGG. Jubelb. pag. 435. 1874.
4) ELSTER u. GEITEL, WIED. Ann. 26, pag. I. 1885.
5) HANKEL, PoGG. Ann. 108, pag. 461. 1859.
6) BRAUN, POGG. Ann. 154, pag. 481. 1875.