Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 2. Abtheilung)

   
  
  
   
Oertliche Vertheilung. 107 
Verbindet man alle Punkte, für welche eine jener Gróssen den gleichen Werth 
hat, so erhált man Curvensysteme, welche man isomagnetische Linien nennt. 
Das Bild, welches sie von der dargestellten Grósse liefern, wird noch inhalt- 
reicher, wenn man aus den unendlich vielen móglichen Curven (entsprechend 
allen möglichen Werthen jener Grösse) solche auswáhlt, dass für je zwei benach- 
barte die Differenz des Werthes die gleiche ist; die »Dichte« der Linien, d. h. 
ihre gegenseitige Nähe, giebt alsdann einen Maasstab für die Schnelligkeit der 
Werthünderung. Man sieht, dass diese Linien den Niveaulinien, Isobaren u. s. w. 
verwandt sind. Im Gebiete des Erdmagnetismus kann man nun solcher Curven 
eine ganze Anzahl unterscheiden, die wichtigsten sind die folgenden: 
1) Isogonen, d. h. Linien gleicher Deklination. 
2) Isoklinen, d. h. Linien gleicher Inklination. 
3) Isodynamen, d. h. Linien gleicher Gesammt-Intensitát des Erdmagnetismus. 
4) Horizontal-Isodynamen, d. h. Linien gleicher Horizontalcomponente der 
Intensität. 
5) Vertikal-Isodynamen, mit entsprechender Bedeutung. 
6) Magnetische Gleichgewichtslinien oder Niveaulinien, d. h. Linien gleicher 
Werthe des magnetischen Potentials (s. w. u.). 
7) Magnetische Kraftlinien oder Meridiancurven, d. h. Linien, welche man 
erhált, wenn man von Punkt zu Punkt in der der Kraftrichtung entsprechenden 
Richtung fortgeht. 
8) Isanomalen, d. h. Limien, in welchen die Abweichung des wahren Werthes 
einer der obigen Gróssen von dem aus irgend einer Annahme abgeleiteten 
Werthe die gleiche Grósse besitzt. 
Den Curvensystemen der bezeichneten Art kommt, da die durch sie dar- 
gestellten Gróssen sich auch mit der Zeit ándern, eine Bedeutung nur für eine 
bestimmte Epoche bei. Diese muss daher stets angegeben werden, und es 
dürfen überdies die Systeme nur unter Zugrundelegung solcher Messungen ent- 
worfen werden, welche dieser Epoche angehóren oder ihr sehr naheliegen, áltere 
Beobachtungen aber nur unter Reduction auf diese Epoche und, da diese Re- 
duction noch ziemlich unsicher ist, überhaupt nur aushilfsweise und mit Vor- 
sicht hinzugezogen werden. Daher kommt es, dass das zur Aufstellung der- 
artiger Karten erforderliche Material viele Lücken aufweist und zahlreiche Curven- 
strecken mehr oder weniger hypothetisch ergánzt werden müssen, besonders in 
weniger bekannten Gegenden, namentlich in der Náhe der Pole, was um so 
bedauerlicher ist, als gerade hier naturgemáss die wichtigsten Theile des Gesammt- 
bildes liegen. 
Immerhin ist gerade in den letzten dreissig Jahren ausserordentlich viel 
zur Ausfüllung der Lücken und zur exakteren Gestaltung der übrigen Gebiete 
geschehen, und zwar ganz besonders: 1) durch magnetische Landesaufnahmen, 
namentlich in den beiden durch ihre kolossale Ausdehnung wichtigen Reichen: 
Russland und Vereinigte Staaten von Nord-Amerika, 2) durch die beiden wissen- 
schaftlichen Seereisen, welche unter den Namen der »Challenger«- und der 
»Gazellen«-Expedition bekannt sind, 3) durch eine internationale magnetische 
Expedition in die hohen Breiten, 1882—83, bei welcher jede betheiligte Nation 
eine besondere Beobachtungsstation übernahm und dort wáhrend eines Jahres 
Messungen ausführte. Auf Grund dieser und anderer Beobachtungen sind die 
in der Neuausgabe des BERGHAUS’schen physikalischen Atlas veröffentlichten 
Karten von NEUMAYER construirt worden. Ihre Epoche, d. b. der Zeitpunkt, 
  
     
   
  
  
  
  
  
     
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
     
     
   
  
     
	        
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