6 Magnetismus,
mehrere Pole einem einzigen äquivalent oder umgekehrt zu rechnen sind). Ein
ähnlicher Dualismus besteht auch bei den elektrischen Körpern, jedoch in
anderem Sinne, nämlich nicht nothwendig innerhalb des einzelnen Körpers, wie
denn z. B. von zwei an einander geriebenen Körpern der eine vollständig positiv,
der andere negativ elektrisch wird; es giebt also positiv elektrische Körper, nicht
aber giebt es positive Magnete oder negative Magnete, sondern jeder Körper
ist, wenn überhaupt magnetisch, mit Polen beider Art ausgestattet.
Gesetz der Wirkung zwischen Polen.
Abhängigkeit von der Entfernung. Obgleich einzelne Magnetpole in
Wirklichkeit nicht existiren, ist es doch einleuchtend, dass die Wirkung zwischen
zwei solchen einzelnen Polen einfacher sein würde, als die zwischen zwei ganzen
Magneten, dass sie überhaupt die einfachste Wirkung sein würde, welche im
Gebiete des Magnetismus vorgestellt werden kann, und dass sie daher das Grund-
gesetz des Magnetismus liefern würde. Um dieses zu finden, muss man also
Versuchsbedingungen ausfindig machen, unter denen die Wechselwirkung zwischen
zwei Polen alle übrigen im System stattfindenden Wirkungen so bedeutend über-
trifft, dass man die letzteren, soweit man sie nicht mehr oder minder genau zu
berücksichtigen vermag, vernachlässigen kann. So ging CouLomB!) von der nahe
liegenden und leicht festzustellenden Thatsache aus, dass die Wechselwirkung
zwischen zwei Polen rasch abnimmt, wenn der Abstand zunimmt, und er ver-
wendete demgemäss zwei Magnete von solcher Länge, dass, wenn zwei ihrer
Pole einander nahe gebracht wurden, die anderen als nahezu unendlich weit
entfernt betrachtet werden konnten. Bei der einen seiner Versuchsreihen be-
nutzte er die Drehwaage, mit welcher er das elektrische Grundgesetz auffand
(s. Art. »Elektrometer«, pag. 61), und zwar ging er in derselben Weise wie dort
zu Werke (vergl. Art. »Elektrostatik«, pag. 27), d. h. er suchte verschiedene
Stellungen auf, in welchen die magnetische Wechselwirkung durch die eben
stattfindende Torsion des Aufhängefadens des drehbaren Magneten gerade
äquilibrirt wurde. Er fand für die drei folgenden Entfernungen die darunter
gesetzten Torsionskrátte, denen also, da Gleichgewicht stattfand, die magnetischen
Kráfte gleichzusetzen sind:
Entfernung 4 | 12 | 17 | 24
Kraft X,
1000 Kd?
3312 1692 864
477 488 498
Die Zahlen der letzten Reihe sind so ziemlich constant, ihre geringen Diffe-
renzen rühren, wie man leicht einsehen kann, von störenden Einflüssen, namentlich
der beiden entfernten Pole der Magnete her. Bei einer anderen Versuchsreihe
wurden die horizontalen Schwingungen einer kleinen Magnetnadel untersucht, von
welcher ein Pol sich dem Pole eines vertikal gestellten kräftigen Magnetstabes
gegenüber befand, während der andere Pol des letzteren in Folge der Länge des
Stabes sich in beträchtlicher Höhe darüber befand. Auch hier ergab sich die
obige Beziehung. Man erhält also den Satz:
Die Wechselwirkung zwischen zwei Magnetpolen steht im umge-
kehrten Verhältniss zum Quadrat ihres Abstandes. Später ist dieses
Gesetz noch auf manche andere Weise und in strengerem Maasse verificirt
!) CouLoMB, Mém. Ac. Roy. de Paris 178s, pag. 606. Als Vorläufer von COULOMB hin-
sichtlich der Entdeckung des Entfernungsgesetzes sind T. MAYER (Gott. Anz. 1760) und LAMBERT
(Hist. de l'Ac. de Berlin 1765, pag. 22) zu nennen.