188 Magnetismus der verschiedenen Körper.
magnetischen und schwach-magnetischen Stoffen unterscheiden. Hiernach würden
sich vier Klassen von Stoffen ergeben, wenn nicht thatsächlich die eine von
ihnen in der Natur fehlte und auch künstlich bisher noch nicht hergestellt
worden wäre, nämlich die Klasse der stark diamagnetischen Stoffe. Ferner zeigen
die schwach-magnetischen und die schwach-diamagnetischen Stoffe, eben wegen
der Schwäche ihrer Eigenschaften ein, abgesehen von der Gegensätzlichkeit ganz
analoges Verhalten, sodass kein Grund vorliegt, sie getrennt zu behandeln. Eher
führt die experimentelle Verschiedenheit zu einer getrennten Behandlung der
festen, flüssigen und gasförmigen schwach-magnetischen Körper. Endlich ist zu
beachten, dass bei diesen Erörterungen bisher ebenso wie im vorigen Artikel
immer stillschweigend angenommen worden ist, dass es sich um isotrope Körper
handelt; es ist also schliesslich ein Abschnitt über den Krystall-Magnetismus hin-
zuzufügen. Uebrigens ist es verständlich, dass es auf einem Gebiete wie dem
vorliegenden, wo es sich um unzühlige verschiedene Stoffe handelt, das Material
ein besonders ausgedehntes ist, und es kann daher hier nur das Wichtigste Be-
rücksichtigung finden.
Ferromagnetismus.
Für den Inbegrif der Erscheinungen, welche stark-magnetisirbare Stoffe dar-
bieten, hat Du Bois!) den sehr zweckmässigen Namen Ferromagnetismus vor-
geschlagen, der bis dahin vielfach, z. B. von W. THOMSON, in weiterem Sinne
gebraucht worden war; im Princip lässt sich natürlich keine untere Grenze für das,
was man noch Ferromagnetismus nennen soll, angeben; die thatsächlichen Ver-
hältnisse aber lehren, dass zu der genannten Gruppe nur sehr wenige Stoffe gehôren,
nämlich Eisen, Nickel und Kobalt, die unter dem Namen Stahl bekannten kohlen-
haltigen Eisensorten und diejenige Verbindung des Eisens, welche als Magnet-
eisenstein zuerst zur Entdeckung der magnetischen Erscheinungen geftihrt hat.
Eisen und Stahl. Die verschiedenen Eisen- und Stahlsorten unterscheiden
sich, von weniger wichtigen Umständen abgesehen, in chemischer und in physi-
kalischer Hinsicht: in jener, insofern sie einen geringeren oder grôsseren Betrag
von Kohlenstoff enthalten, der bei Schmiedeeisen sehr gering ist, bei den Stahl-
sorten 4 bis 139, bei Gusseisen 2—34$ und bei Spiegeleisen bis zu 5$ ausmacht;
in dieser Hinsicht, insofern sie verschiedene Härte besitzen, vom weichsten
Schmiedeeisen an bis zum glasharten Stahl. Ueber die Beziehung zwischen
diesen beiden Eigenschaften und dem magnetischen Verhalten hatte man bis vor
kurzem die folgende einfache und allgemein bekannt gewordene Vorstellung, die man
aus dem zahlreichen, sich zum Theil freilich stark widersprechenden Beobachtungs-
material entnehmen zu können glaubte. Je weicher und kohleármer das Eisen
ist, desto stürkeren temporüren Magnetismus nimmt es unter der Wirkung einer be-
stimmten Kraft an, desto geringeren Magnetismus bewahrt es aber nach dem
Authóren dieser Kraft; die beiden Grenzfüle sind also die des reinen, ganz
weichen Eisens, welches stark magnetisch, dann aber wieder vóllig unmagnetisch
wird, und des glasharten Stahls, der einen verhältnissmässig nur geringen Magnetis-
mus, diesen aber dauernd annimmt. Die 'Theorie der drehbaren Molekular-
magnete und die Idee der Coércitivkraft machen nicht nur beide Erscheinungen,
sondern auch ihren inneren Zusammenhang verstündlich. Auch ergeben sich
dann zwanglos zahlreiche weitere fiir die verschiedenen Eisensorten charakte-
ristische Erscheinungen, wie das schnellere oder langsamere Ansteigen des
Magnetismus mit der Kraft, der frühere oder spätere Eintritt der Sättigung, die
) pu Bois, WIED. Ann. 46, pag. 485. 1892.