Full text: Handbuch der Physik (3. Abtheilung, 1. Theil, 3. Band, 2. Abtheilung)

   
  
  
Physikalische Theorieen; Krystall-Magnetismus 223 
neuerer Zeit von verschiedenen Seiten weiter ausgebildete elektrische Theorie 
von W. WrzsER!) Sie schliesst sieh an die AwPEREsche Theorie des Magnetis- 
mus (s. ob. pag. 161 und w. u. im Art. »Elektromagnetismus«) an, wonach um die 
Molekeln der Kórper Stróme kreisen, welche durch eine magnetisirende Kratt 
mehr oder weniger gerade gerichtet werden. Ausser dieser elektrodynamischen 
Wirkung muss nun aber, wenn man einen magnetisirbaren Kórper in ein Feld 
bringt, noch eine andere Wirkung eintreten, nämlich eine elektrische Inductions- 
wirkung, es müssen um die Molekeln herum 5tróme erzeugt werden, und diese 
Stróme werden nicht, wie andere Inductionsstróme, rasch wieder erlóschen, 
sondern dauernd erhalten bleiben, wenn man annimmt, dass sie in widerstands- 
losen Bahnen verlaufen, gerade wie jene Stróme, die beim Einbringen des 
Kórpers in das Feld schon vorhanden waren und nur gerichtet werden; erst 
wenn man zu einer neuen, entgegengesetzten Induction Anlass giebt, indem man 
den Kórper wieder aus dem Felde entfernt, werden dann die Inductionsstróme 
wieder aufgehoben werden. Bei paramagnetischen Kórpern sollen nun die 
schon vorhandenen Stróme stark sein, sodass sie durch die entgegengesetzt ge- 
richteten Inductionsstróme höchstens um ein Geringes geschwächt werden; bei 
diamagnetischen Körpern hingegen sollen sie gar nicht existiren oder doch so 
schwach sein, dass sie durch die Inductionsströme übertroffen werden und folg- 
lich ein Resultat von entgegengesetztem Charakter entsteht. Weshalb freilich 
in manchen Stoffen, und zwar sowohl in den ferromagnetischen als auch in den 
paramagnetischen, von vornherein starke Molekularstróme vorhanden sind, in 
den diamagnetischen nicht, làsst sich nicht sagen; auch lisst die Theorie einige 
eigenartige Folgerungen zu, welche bisher durch die Erfahrung nicht bestátigt 
worden sind. 
Krystall-Magnetismus. 
Einleitung. Bisher wurde bei allen Betrachtungen, sowohl bei denen des 
vorhergehenden als auch bei denen des jetzigen Artikels, angenommen, dass es 
sich um nicht nur homogene, sondern auch isotrope Körper handle. Ein 
solcher Körper verhält sich, wie in den übrigen Hinsichten, so auch den magneti- 
schen Kräften gegenüber, nach allen Richtungen gleich, Ungleichheit des Ver- 
haltens nach verschiedenen Richtungen tritt nur ein, wenn entweder die äusseren 
Kräfte, also das Feld, ungleichförmig sind, oder wenn seine eigene Ausdehnung 
nach verschiedenen Richtungen verschieden ist. Man kann demgemäss das Ver- 
halten eines isotropen Körpers nicht besser veranschaulichen, als wenn man 
sich einen Fall denkt, in welchem beide Ungleichförmigkeiten fehlen, wenn man 
sich also eine Kugel in einem gleichförmigen Felde denkt. Man erhält dann 
für die ponderomatorische Wirkung den Satz: Eine isotrope Kugel ist in einem 
gleichförmigen Felde im indifferenten Gleichgewicht; und für die magnetische 
Inductionswirkung (magnetomotorische Wirkung) den Satz: In einem gleich- 
förmigen (und offenbar auch in einem ungleichförmigen) Felde ist die magne- 
tische Induction, welche eine isotrope Kugel erfährt, von ihrer Situation, von 
ihrer Orientirung unabhängig — ein Satz, der ganz selbstverständlich ist, da 
alle Durchmesser der Kugel gleichwerthig sind, es also keinen Unterschied aus- 
machen kann, welchen von ihnen man in die Richtung des Feldes bringt. 
Endlich kommt als drittes Charakteristikum einer isotropen Kugel hinzu, dass 
die Richtung der Magnetisirung, die sie erhält, mit der Richtung des Feldes 
1) W. WEBER, Elektrodyn. Maassbestimmungen, insb. üb. Diamagnetismus. Abh. Süchs. Ges. 
d. Wiss. 1, pag. 485. 1852. — PoGG. Ann. 87, pag. 145. 1852. — Werke 3, pag. 475 u. 555. 
   
  
   
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
   
  
  
  
  
  
  
   
    
	        
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